laut.de-Kritik

Mars macht mobil und rechnet ab.

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Mick Mars musste seinem Körper Tribut zollen und den Touraktivitäten von Mötley Crüe den Rücken kehren. Damit nicht genug: Nach dem Willen der verbliebene Crüe-Mitglieder Vince Neil, Nikki Six und Tommy Lee soll der an einer degenerativen Nervenerkrankung leidende Gitarrist auf seine Einnahmen verzichten und Rechte am Markennamen abtreten. Der sich daran anschließende Zivilrechtsprozess dauert an, das Ergebnis ist offen.

Mars lässt sich davon aber nicht unterkriegen und liefert mit "The Other Side Of Mars" das erste Album seiner 45-jährigen Karriere ab. Das Eiserne, das Immer-Wieder-Aufstehen-Wollen zeichnet Mars aus.

Mars spielt nur für sich selbst, nicht für andere und es gefällt ihm genau so. "Loyal To The Lie" ist ein feuriger Kickstart und eine Abrechnung mit seinen Ex-Kollegen. Die Single "Undone" hingegen stapft im Midtempo wie Godzilla, angetrieben von einem brettharten Iommi-Riff durch die Landschaft, während eine zart untermalte Piano-Melodie das Zerbrechliche illustriert. Der Gitarrist verzichtet auf die Doppelbelastung aus sechs Saiten und Mikrofon und greift auf die Dienste zweier Sänger zurück. Den Opener intoniert Jacob Bunton mit kraftvoller, klarer Stimme, während "Undone" Brion Gamboa bedeutend tiefer performt.

Das zentral platzierte "Killing Breed" schlägt mit seinem dissonierenden Riff in eine ähnliche Kerbe. Mars strafft die Zügel in den Gesangsparts und agiert melodisch. Die Epik der Hook hebt den Song auf ein außergewöhnliches Level. Dieser Track symbolisiert die Sehnsucht nach Regelmäßigkeit gleichermaßen wie die Unterwerfung unter das Chaos.

Dagegen kommt "Memories" ohne Gitarre aus und zeigt, dass Mars den Song vor die Selbstdarstellung stellt. Sowieso folgen seine Soli stets der Stimmung des Tracks und fallen mal harsch und mal harmonisch aus. "Right Side Of Wrong" gibt einen prima Titel ab und fräst sich mit seiner Hook in den Gehörgang. Die vorherrschende Licht/Schatten-Dynamik in der Musik spiegelt das instrumentale "LA Noir" perfekt wider und führt wiederum Back To The Blues-Roots.

Das Cover passt wie die Faust aufs Auge und zeigt das Selbstbewusstsein des Songwriters gepaart mit Direktheit, die auf epische Eleganz statt auf plumpe Überwältigung setzt. "Ready To Roll" streckt am deutlichsten die Fühler in Richtung seiner alten Heimat aus. Und dennoch: Mit 72 Jahren macht Mars mobil und katapultiert sich aus der Umlaufbahn des Mötley Crüe-Planeten in neue selbstbestimmte Sphären. "Ain't Going Back" stellt dies eindrucksvoll klar.

Trackliste

  1. 1. Loyal To The Lie
  2. 2. Broken On The Inside
  3. 3. Alone
  4. 4. Killing Breed
  5. 5. Memories
  6. 6. Right Side Of Wrong
  7. 7. Ready To Roll
  8. 8. Undone
  9. 9. Ain't Going Back
  10. 10. LA Noir

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