laut.de-Kritik
Omnipräsentes Grauen auf DSDS-Niveau.
Review von Michael Schuh"TV Makes The Superstar". Ja, so ist das heute leider. Außer dem hauptschuldigen Ideengeber Simon Fuller kann sich über diese Entwicklung vor allem einer mächtig freuen: Dieter Bohlen, Regiemitglied und großer Triumphator des Fernseh-Phänomens DSDS, der Superstar-Sendung, dessen Kürzel bei den Deutschen mittlerweile den Bekanntheitsgrad von AC/DC erreicht haben dürfte. Mit einem Schlag galt Bohlen plötzlich selbst in alten Feindeslagern als Pop-Messias, denn der Mann sprach nunmal die Wahrheit, oder wie er bald selbst befand: Nichts als die Wahrheit.
Bevor die Menschheit aber vergisst, dass statt Thomas Bug eigentlich der andere Thomas, nämlich Anders, an Bohlens Seite gehört, bekommt der Pöbel, was er verdient: ein neues Modern Talking-Album. Und die Erinnerung, welch Wunder, sie kehrt schnell zurück: Zwar klaut der erwähnte Opener sein Beatgerüst recht ungeniert bei Britneys Hitsingle "Lucky" und fördert dadurch seine Genießbarkeit, doch schon Song Nummer Zwei stellt die frisch gewonnenen Symphatien zu Dieter auf eine harte Probe.
Grund: ein wahrer Ibiza-Alptraum sucht den Hörer heim, bedröhnte Tranceflächen und Reimfloskeln ("rockefeller - fortune teller") inbegriffen. Gleiches Leid verursacht der unterirdische Euro-Flach-Pop von "Everybody Needs Somebody" und "Who Will Be There", das ironischerweise die berechtigte Frage aufwirft: "Who will be there when the lights go out?" Sehr wahrscheinlich Modern Talking.
Vor allem aber "Should I, Would I, Could I", der Songtitel lässt es erahnen, ist ein entsetzliches Beispiel dafür, wie niedrig Bohlen die Messlatte des guten Geschmacks für den sicheren Hit zu legen imstande ist. Nach "Knocking On My Door", Bohlens Kniefall vor Billy Joels "Uptown Girl", der nächste Schock: "Blackbird". Doch der Song ist keine Beatles-Coverversion, sondern ein unerwartet jazzig-legeres Bar Piano ohne den üblichen Zuckerguss, leider aber auch ohne charismatischen Gesang.
"Superstar" bildet schließlich das logische Ende des zwölften Streichs. Ob sich dahinter nur eine Lobpreisung des neuen TV-Formats oder eine potenzielle Alexander-Single verbirgt; ich fürchte, wir werden es bald erfahren. Achso: Bei all dem Grauen natürlich omnipräsent ist Thomas Anders. Und dem würde man nun wirklich mal gerne einen echten Bohlen-Spruch an den Kopf schmeißen: "Mir geht das wirklich ab, dir zuzuhören."
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