laut.de-Kritik

Wer smooth genug ist, kommt mit manchem Blödsinn davon.

Review von

Es wäre gelogen, dass ich hinter dem Künstlernamen Monet192 eine Offenbarung erwartet hätte. Das klang ein Mü zu generisch in einer Zeit, in der viele Dudes sich mit einsilbigen Postleitzahl-Namen nicht gerade als Albumartists hervortaten. Und auch, wenn ich "Cuffing Season" wohl keine Offenbarung nennen würde, vermelde ich eine sehr positive Überraschung. Die halbe Stunde Sex- und Beziehungstalk auf dieser Platte macht bestechend überzeugenden R'n'B mit starkem Pop-Instinkt.

Erst mal: Wer ist dieser Monet überhaupt? Er ist ein Prettyboy. Das wüsste man, ohne ihn je gesehen zu haben, denn er hat diese absolute Prettyboy-Stimme mit mehr als einem Hauch Fuckboy. Ich habe mir keine Videos angeschaut, aber sollte der Atze insgeheim doch hässlich sein, dann liefert er auf diesem Album einen intergalaktischen Camouflage-Job ab.

Dass er den latent toxischen Macker mit Stil gut geben kann, ist aber die Grundvoraussetzung dafür, dass viele dieser Texte funktionieren. Denn manchmal muss man ein bisschen Wohlwollen mitbringen, wenn er Sachen rappt wie "Das ist mehr als ein Rendezvous / Ich will an deinen Honigtopf, Winnie Puh". Ich habe es zur Probe meiner Freundin am Frühstückstisch vorgelesen, sie kommentiert, ich zitiere: "Ew".

Aber es handelt sich um dasselbe Prinzip, wie wenn ein 6lack rappt, dass "and the pussy was, uhmmm, elite. Wenn man smooth genug ist, kommt man mit manchem Blödsinn davon. Und Monet kommt mit manchem Blödsinn davon, weil seine Stimme smooth und voluminös klingt, er seine Notgeilheit unter einem Schleier von Takt und Eleganz zurückhalten kann und weiß, in welchen Kontext er seine Songs rücken muss. Einen handfesten Poeten gäbe er nicht her, aber er bringt Frustration oder Sehnsucht überzeugend auf die Tracks.

Was nun sehr hilft, ist die Tatsache, dass er aus dem Umfeld von einem der besten Produzenten Deutschlands in die Szene gestartet ist. Maxe gibt ihm ein absolutes Brett, denn "Mitten In Der Nacht" hat diesen hypnotischen Groove, dessen Synths ein bisschen an das Plugg-Genre erinnern, während er wirklich in die besten Ideen aus dem Bryson Tiller-Spielbuch vorstößt. Auch generischere Trackideen wie die Hitsingle "Vorbei" gehen flüssig und mit starkem Pacing runter.

Bis dahin wäre das ein solides, wenn jetzt auch nicht sich besonders hervortuendes Tape aus dem besten Eck der Modus Mio-Playlist gewesen. Aber ab der Hälfte schwenkt Monet stark in Richtung angesagtem Pop - und es steht ihm schockierend gut. Zu benennen sind hier vor allem wieder die Beats, die ohne Übertreibung Bäume ausreißen. "21 Gramm" und "Lächeln" machen 80er-Shit mit einem Drive, der fast in Richtung Synthwave geht. Das ist Durch-die-Nacht-Fahr-Musik, wie man sie sich wünschen würde.

Es ist so seltsam, jemanden im deutschen Raum zu sehen, der einen amtlichen Popstar hergeben würde, weil wir haben so etwas gerade (von Apache abgesehen) einfach nicht. Und ich meine Pop wie Dua Lipa und Madonna, nicht diese Ed Sheeran-Lite Songwriter-Brudis.

Monet ist im Grunde genau das, nur verdeckt unter dem Label eines Rappers. Ich bin mir nicht ganz sicher, warum das seine primäre Berufung ist, wo er doch offensichtlich gleich gut singt wie er rappt – und auf diesem Tape eigentlich die Hooks die ganze Arbeit erledigen. Denn ästhetisch ist "Cuffing Season" nichts außergewöhnlich Spannendes. Aber verdammt, ich habe selten im deutschen Raum eine Sammlung so effektiver Hooks gehört.

Trackliste

  1. 1. Flammen
  2. 2. Call Me
  3. 3. Vorbei
  4. 4. Mitten In Der Nacht
  5. 5. Salty
  6. 6. F* I Love It
  7. 7. Lächeln
  8. 8. Kein Herz
  9. 9. 21 Gramm
  10. 10. Süss Bitter (feat. Ivana Santacruz)
  11. 11. Sag Nichts
  12. 12. Secret Safe

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