laut.de-Kritik
Liebe hoffnungslos, Amerika böse, Gott tot.
Review von Rainer HenzeKlingt seine unvergleichliche Stimme zu Beginn nicht leicht gepresst? Macht sein eigenartiges Rockabilly-Orchester nicht gänzlich unzeitgemäße Musik? Trägt Starproduzent Tony Visconti den Spaghettiwestern-Sound nicht arg dick auf? Lassen sich seine Texte wieder als allzu larmoyant schmähen? Nein! Die falschen Fragen! Bange Bedenken des gemeinen Fans werden mit großer Geste beiseite gewischt.
Seit seinem 2003er Comeback ist Morrissey wieder en vogue, als großer weiser Zyniker, poetischer Dandy, als letzte wahre Diva intellektueller Popkultur. Detailkritik - bleib weg, es geht um das Große, das Ganze.
Das Feuilleton applaudiert. Edelfedern schwingen sich zu juvenilen Jubelarien empor. Die Würdentitel: "Meister" (Die Zeit), "letzter ernster Popstar" (Welt), "Herr und Meister" (Süddeutsche Zeitung). Der Fan, in den 90ern ob seiner Verehrung verlacht bis geprügelt, reibt sich verwundert die Augen. Vorbehaltlose Verneigung allerorten. Stephen Patrick Morrissey scheint mit nur 46 Jahren in die Johnny Cash-Phase seiner Karriere einzutreten. Stilisiert nicht auch das Cover den großen alten Mann in schwarz?
Gleich zu Beginn von "Ringleader Of The Tormentors" öffnet sich zu orientalischen Klängen nicht weniger als das Jenseits. Anschließend wird Gott direkt angerufen. Die erste Pointe zündet nach Fünf Minuten Sechzehn: "Da sind Pulverfässer zwischen meinen Beinen." Ähm, wie bitte? Im Folgenden werden Beine gespreizt, eigene dazwischen platziert, Gott hilf, so explizit ging es in einem Morrissey-Text noch nie zu. Überhaupt ist man geneigt eine unerhörte Lebensfreude zu attestieren. "Living longer than I had intended, something must have gone - right."
Doch keine Angst, die neue Leichtigkeit bleibt nicht ungebrochen. Mehr als nur einmal ist das Leben auch der gewohnte Saustall, Liebe hoffnungslos, Amerika böse, Gott tot. Die Leiden der Verstoßenen und Aussätzigen finden ihren angemessenen, angestammten Platz. "There is no such thing in life as normal". Wie wahr, Kinder. Wie wahr.
Die gewohnte Kunstfertigkeit Morrisseys - "turn sickness into popular songs" - ist ungebrochen. Doch so gänzlich tadellos verpackt waren seine eingängigen Klagelieder nicht immer. Die liebevoll bis ins kleinste Detail produzierten Songs sind wohl zu einem Großteil Herrn Visconti geschuldet. Chapeau! Und bevor das Pathos überhand nimmt, ist stets der richtige Lacher zur Hand. So etwa wenn an den Tod appelliert wird: "Take them, take him, take anyone. Take people from Pittsburgh, Pennsylvania - just spare me." Genau aber auch!
Zwölf Hits hören wir hier und, durchaus nicht gewöhnlich für ein Morrissey-Album, keinen einzigen Aussetzer. Wäre der Fan ein Kritiker, spräche er von einem beachtlichen Alterswerk. Danke, Meister!
46 Kommentare
Neue Single hier hören!
http://www.myspace.com/morrissey
wawawawawa
bin am 18. in HH. gib mal tipps für spät (steil)
und ich werde wohl im "stern" nächtigen
gehst du ins stadion? ich bin in der nordkurve, weit weg....
vorglühen ist ja immer gut im eldo... revolver ist an dem wochenende nicht, also vielleicht grüner jäger, pudel oder sonstwas. das nobistorgebäude samt kdw und weltbühne wird ja leider grade abgerissen. ich sag nochmal rechtzeitig bescheid.
das stern ist ja schonmal ein guter ausgangspunkt
Nur noch 2 Tage!!!
neue Single und Best of [/maedl]
neue Single btw. gehört und für gut befunden, auch wenn manch einer (--> Amazon) sie so schlecht findet, dass sie noch nicht einmal B-Seite auf Singles vor Quarry gewesen wäre.
@Daniel (« Muss man ihn gut finden? Sehr eigen, nette Musik und jedes Mal diese Smithsnostalgie, muss man die sich immer geben?
[size=-5]So, haut drauf[/size]
Mit Morrissey konnte ich nie viel anfangen, Geschmackssache, aber mit diesem Album auf ein Neues. »):
ach du Scheiße.
Du hast ja so was von keine Ahnung, du behinderte Pissflitsche.
edit: War ein Spätzünder, jetzt mag ich alles.