laut.de-Kritik

Dem 73-Jährigen nimmt man sogar die Beschäftigung mit der Liebe ab.

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Beim Anblick des nunmehr mit gepflegtem Graubart ausgestatteten Sängers könnte man fast meinen, Sean Connery habe eine Platte gemacht. Doch Neil Diamond betreibt mit seiner "Melody Road" alles andere als Bauernfängerei: Der Albumtitel hält, was er verspricht. Diamond konzentriert sich wie in den vergangenen Jahren bei aller Eingängigkeit auf ein feingliedriges Songwriting.

Rund 40 Jahre stand der gebürtige New Yorker bei Columbia unter Vertrag und gibt mit diesem Album nun für Capitol Records sein Debüt. Sanftes Zupfen der Gitarre, ruhiger Rhythmus, dezentes Country-Flair: Der Titeltrack "Melody Road" oder später auch "In Better Days" gefallen als relaxte Fingerübungen im weiten Feld des klassischen Singer/Songwritertums.

Mit dem Folk-Rocker "First Time" nimmt die Platte erstmals etwas mehr Tempo auf. Väterchen Pop schaut hier und da ebenfalls gerne rein. Doch Diamond sowie seine Produzenten Don Was (Lyle Lovett, Kris Kristofferson) und Jacknife Lee (Taylor Swift, Robbie Williams) belassen die Arrangements rund um Drums, gelegentliche Streicher und Percussions stets auf erdigem Grund. "Seongah And Jimmy" startet unspektakulär, um im letzten Drittel immer dynamischer in seinen Bann zu ziehen.

"Nothing But A Heartache" stellt den wohl herausragendsten Track dar, geradezu ein Musterbeispiel für überdurchschnittliches Songwriting: Dramaturgisch nicht nur auf einen, sondern gleich mehrere Höhepunkte ausgelegt, steigern eingewobene Streicher sowie eine dunkle Twang-Guitar die emotionale Wirkung des Tracks noch.

Und über allem thront diese einzigartige, mit hohem Wiedererkennungswert gesegnete Stimme. Selbst 2014 fasziniert Diamonds kraftvoll und energisch zupackende Intonation. Hier ist ein Künstler im Herbst seiner Karriere, der dem fallenden Laub nicht wehmütig hinterherblickt. Er erfreut sich vielmehr an den intensiven Farben.

In seinen Texten beobachtet Neil das Leben in seinen Nuancen: schon mal nachdenklich, aber in erster Linie positiv gestimmt. Hier sinniert ein altersmild gestimmter 73-Jähriger, dem man sogar die noch immer intensive Beschäftigung mit dem Thema Liebe abnimmt ("Sunny Disposition", The Art Of Love").

Auf "Melody Road" präsentiert sich Diamond in guter Form. Mancher Track verweist auf die Siebziger und frühen Achtziger, ohne dabei überflüssigem Pomp eine Chance zu geben. Der ganz große Wurf im Alterswerk wurde "Melody Road" zwar nicht. In vielen Momenten ist die Platte aber ziemlich nah dran.

Trackliste

  1. 1. Melody Road
  2. 2. First Time
  3. 3. Seongah and Jimmy
  4. 4. Something Blue
  5. 5. Nothing But A Heartache
  6. 6. In Better Days
  7. 7. Ooo Do I Wanna Be Yours
  8. 8. Alone At The Ball
  9. 9. Sunny Disposition
  10. 10. Marry Me Now
  11. 11. The Art Of Love
  12. 12. Melody Road (Reprise)

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