laut.de-Kritik
Der Mojave 3-Fronter entdeckt die unerträgliche Leichtigkeit Kaliforniens.
Review von Giuliano BenassiLange ist es her, genau sechs Jahre, dass Neil Halstead mit "Sleeping On Roads" ein exzellentes Debütalbum veröffentlichte. Ein unbeschriebenes Blatt war er auch als Frontmann von Mojave 3 und davor von Slowdive nicht, doch die Stücke unter seinem Namen verbreiteten eine ganz eigene Stimmung.
Nun liegt also endlich sein Zweitling vor. Viel Wasser ist seitdem geflossen, nicht nur unter seinem Surfbrett. Mojave 3 haben zwei weitere Alben gemacht, aber vor allem hat Halstead Jack Johnson kennen gelernt, der ihn zu seinem Label Brushfire Records und für die Aufnahmen nach Los Angeles geholt hat. Von der rauen Küste Cornwalls ins Zentrum des mondänen Geschehens, vom kalten, menschenleeren Atlantik zum angenehmen, wuselnden Großstadtpazifik – kein Wunder, dass sich die Änderung der Umgebung auch auf die Musik niederschlagen hat.
Mit Akustikgitarre, Bass und einer ruhigen, leicht angerauchten Stimme klingt Halstead wie er selbst, aber mit einer anderen Nuance: Er scheint entspannt und zufrieden. Kein ewiges Werkeln an Schaltern oder Effekten, wie es sonst der Fall war. Der instrumentale Aufbau der Stücke ist fast schon minimalistisch: Mal eine Pedal Steel, mal ein Klavier, gelegentlich ein Schlagzeug, ansonsten dominiert die Gitarre. Es handelt sich um eine rein akustische Angelegenheit. Und dazu noch um eine ziemlich liebliche.
So besteht der Refrain von "Little Twig" aus "doo-doo-doo", während einzelne Gitarrennoten zu Beginn von "Witless Or Wise" die Melodie vorweg nehmen. "Paint A Face" und "Always The Good" sind ausnahmsweise ein bisschen schneller und rhythmisch betonter, bevor es mit "No Mercy For The Nurse" wieder in ruhige Gefilde geht.
Die Gitarre in "Sometimes The Wheels" könnte von Paul Simon stammen. Lediglich in "Spinning For Spoonie" schimmert der gewohnte Halstead durch, mit einem instrumentalen Ende, das sich langsam aber stetig steigert. Bevor es bedrohlich klingt, ist es aber schon wieder vorbei.
Wie gut es ihm geht, zeigt er auch im Text zum abschließenden Lied. "Als ich alleine war, hatte ich genug Zeit, mir für dich einen Bart wachsen zu lassen. Ich weiß, dass du den Mann lieben wirst, der all diese Haare für dich hat wachsen lassen", singt er. In der Tat ist seine Gesichtsbehaarung so dicht, dass er Will Oldham Konkurrenz machen könnte.
Doch das ist – neben dem bevorzugten Instrument, der Akustikgitarre – wohl die einzige Gemeinsamkeit zwischen den beiden. Ihm zu unterstellen, er sei im Mainstream angekommen, wäre unfair. Halstead bleibt Halstead. Doch die bedrohliche Note, die seinem Werk in der Vergangenheit eine ganz eigene Note verliehen hat, fehlt hier gänzlich.
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