The Shirelles - "Baby It's You"
Das, meine Damen und Herren, könnte die Blaupause sein, nach der sich in den ausgehenden 50er und frühen 60er Jahren haufenweise weiblich besetzte Gesangsformationen gebildet haben: The Shirelles zählten zweifellos zu den früheren und erfolgreicheren Vertreterinnen dieser Gattung. Gegründet als Projekt von Schulmädchen, die für einen Talentwettbewerb einen eigenen Song geschrieben und einstudiert hatten, blieb das Potenzial der Formation nicht lange unentdeckt. Ob es am bunten Genremix lag (die Shirelles verbanden klassischen R'n'B und Soul mit Doo-Wop, eingängigen Pop-Melodien und brasilianischem Baião), am aufreizenden Kontrast zwischen naiv-unschuldigem Auftreten und den erheblich sexuell konnotierten Texten oder daran, dass das Quartett explizit ein junges, weibliches Publikum ansprach und damit neue Zielgruppen erschloss: im Grunde egal, das Konzept ging auf und warf eine Top-Ten-Single nach der anderen ab.
Der Titeltrack dieses Albums gehört dazu, "Baby It's You" zählte seit seinem Erscheinen 1961 auch zum Repertoire der Beatles. In Ermangelung ausreichend eigenen Materials coverten die für ihr Debüt-Album "Please Please Me" mit "Boys" sogar noch einen zweiten Shirelles-Song. Die Shirelles selbst veröffentlichten 1962 außerdem ein weiteres Album. Zusammen mit Tenor-Saxofonist King Curtis (eine seltsam anmutende Paarung, doch auch diese Kombination funktionierte irgendwie) ritten sie - was sonst, 1962? - die Trendwelle mit "Give Twist A Party".
Danach war der Höhenflug jedoch schon wieder beinahe vorbei. Wie zu viele andere Künstler*innen, besonders solche, die in sehr jungen Jahren in die Mühlen des Musikgeschäfts gerieten, mussten The Shirelles feststellen, von ihrem Label Scepter nicht gerade zuvorkommend behandelt worden zu sein: Das Treuhandvermögen mit ihren Tantiemen, das den Sängerinnen für ihre 21. Geburtstage versprochen worden war, existierte gar nicht. The Shirelles verließen daraufhin das Label und klagten, Scepter klagte wegen Vertragsbruchs zurück, das Hickhack zog sich über mehrere Jahre ... und kehrte 2011 noch einmal in die Gerichtssäle zurück: Die dann noch lebenden Mitglieder der Shirelles klagten erneut, diesmal gegen Warner Bros., die ihre Geschichte ungefragt zu einem Broadway-Musical verwurstet hatten. "Sie wurden um ihre Anteile betrogen, als sie jung und populär waren", hieß es in der Begründung, "und jetzt werden sie schon wieder über den Tisch gezogen."
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