Neun Jahre nach der ersten Kollaboration überrascht der Sound von "Her Revolution / His Rope".

London (dük) - Wenn Burial ein Lebenszeichen von sich gibt, dann mit neuer Musik. Oft erfährt man monatelang nichts über den Musiker, von dem es lange Zeit noch nicht einmal ein Foto gab, bis er seinen Fans aus dem Nichts in seine düsteren Soundlandschaften zurückführt: Mit "Her Revolution / His Rope" hat Burial nun seine zweite Zusammenarbeit mit Four Tet und Thom Yorke veröffentlicht.

Über wenige, so bekannte Musiker ist so wenig bekannt wie über Burial: Social Media? Fehlanzeige. Interviews und Fotos? Lassen sich an einer Hand abzählen. Lange rankten sich Mythen um die Identität dieses Phantoms. "Ich bin eine unauffällige Person, die einfach ein paar Songs machen will", hat er mal gesagt. Zwei Alben (das Debüt "Burial" aus dem Jahr 2006 und der Klassiker "Untrue" 2007) sowie zahlreiche EPs hat Burial bislang veröffentlicht.

Die erste Kollaboration mit Thom Yorke datiert auf 2008, als seine Version von "And It Rained All Night" auf der Remix-CD von Yorkes Soloalbum "The Eraser" erschien. Auch mit Four Tet blickt Burial auf eine lange, gemeinsame musikalische Vergangenheit zurück, vor allem "Nova" und "Moth" stechen dabei hervor. Als Trio veröffentlichten die Genre-Schwergewichte 2011 "Ego / Mirror" auf Vinyl.

"Her Revolution / His Rope" stellt nun eine deutliche Abkehr vom Sound dar, den die Briten 2011 fabrizierten. Während "Ego" mit seinen 123 BPM damals womöglich sogar in so manchem Club rotierte, ist das bei nun schwer vorstellbar. Schwermütig und getragen klingen die beiden neuen Songs. An Dubstep erinnert hier überhaupt nichts mehr, Ambient wäre wohl die passendste Beschreibung. Besonders auffällig an der Produktion von "Her Revolution" sind die Drums, direkt von Massive Attacks "Teardrop" übernommen, und der sich ständig wiederholende Loop einer melancholischen Sitar-Melodie. Thom Yorke singt den Hörer derweil mit seiner hypnotisierenden Stimme in den Schlaf.

Lyrisch gibt er sich wie so oft kryptisch, wobei sich der Text auf "His Rope" recht deutlich in eine sehr finstere Richtung bewegt: Zeilen wie "I cut the rope / Step out / In an instant it's over / I'm done" und "Sex and death / Total self-destruction / Turn your body over" sprechen eine deutliche Sprache. Depressiv klingt "Her Revolution / His Rope" aber trotzdem nicht. Es ist vielmehr unglaublich, welche Wärme Burial und Four Tet mit ihrer Produktion ausstrahlen. Die nach ungefähr zweieinhalb Minuten erstmals deutlich wahrnehmbaren Synths legen sich wie eine Decke über den Hörer, bevor Yorkes unverkennbare Stimme die dritte Strophe einleitet.

Genauso unverkennbar bleibt Burial: Das an den Schallplatten erinnernde Knistern im Hintergrund gehört zu seinen Markenzeichen, zur Unkenntlichkeit verzerrte Vocalsamples wie gegen Ende von "His Rope" setzt niemand so ein wie er. Es wäre unverantwortlich, über diese Mini-EP zu sprechen und dabei das Outro des ersten Songs unerwähnt zu lassen. Aus dem Nichts zaubert Burial ein nostalgisches Sample hervor, während Yorkes Echo im Hintergrund weiter nachhallt. Genau so schnell und unverhofft wie es erscheint, löst es sich auch wieder auf.

Wer sich auf Burials wummernden Bässe und Rave-/Dubstep-Produktionen gefreut hat, der wird von "Her Revolution / His Rope" ebenso enttäuscht wie jene, die mit Four Tets tanzbaren Electronic-Spielereien rechneten. Trotz der düsteren und trostlosen Lyrics ist der zweite Streich des Trios keinesfalls ein trostloser Downer, sondern wärmender Hoffnungsschimmer. Hoffentlich nicht die letzte Zusammenarbeit des Dreamteams.

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