Docks und Grosse Freiheit 36 bieten Pandemie-Leugnern weiterhin Raum.

Hamburg (ebi) - "Ich mag verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Du es sagen darfst." Mit einem geschichtsträchtigen Zitat leiten die Gründer und Betreiber von Docks und Grosse Freiheit 36 am vergangenen Donnerstag ihre angekündigte Verteidigungsrede ein. Die Interessengemeinschaft der Hamburger Musikwirtschaft, zahlreiche Veranstalter, der Interessenverband Clubkombinat Hamburg e.V. und auch örtliche Medien hatten den beiden renommierten hanseatischen Liveclubs zuvor vorgeworfen, im Zuge der Pandemie Verschwörungstheoretikern und Demokratiefeinden eine Plattform zu bieten.

In dem langen Facebook-Statment berufen sich die beiden Clubs auf die Meinungsfreiheit, alle Plakate seien von dieser gedeckt gewesen, und gerieren sich gleichzeitig als Verteidiger der Meinungsfreiheit: "Diese Meinungen wenden sich gegen die politischen Maßnahmen in der Corona-Politik. Das Thema Corona und der Umgang damit, wird innerhalb der Belegschaft und auch der Eigentümer kritisch diskutiert. Wir sind uns aber alle einig, dass man die Meinung des Anderen tolerieren muss".

Kollateralschäden werden in Kauf genommen

Die Betreiber distanzieren sich zwar von "Rassismus, Nationalismus, Faschismus, Extremismus und Gewalt", die Verbreitung rechten Gedankenguts nehmen die Betreiber als Kollateralschaden aber nach wie vor billigend in Kauf: "Vielleicht hat ein Autor in einem anderen Kontext Äußerungen getätigt, die mit unserer Auffassung, den Auffassungen unserer Besucher oder Auffassungen unserer Geschäftspartner nicht vereinbar sind. Vielleicht kann man eine Quelle als 'rechtspopulistisch' oder 'verschwörerisch' ansehen, weil dort auch solche Inhalte möglicherweise veröffentlicht wurden. Demokratie steht für das Recht, jegliche Meinung äußern zu dürfen, solange diese nicht gesetzlich verboten ist. Wir bieten ein Forum für Meinungen, die sonst keinen Platz mehr bekommen. Wir werden die Wände nicht abbauen".

Man werde aber nunmehr "als deutliches Zeichen dafür, dass wir für Toleranz, Meinungspluralität und friedlichen Diskurs stehen, die Wände für die Meinungen von Maßnahmenbefürwortern und Maßnahmenkritikern öffnen". Außerdem: "Auch für die, die uns für die Veröffentlichungen stark kritisieren oder kritisiert haben, stehen unsere Clubs und unsere Herzen immer offen und wir werden immer bereit sein, vergangenes zu vergeben".

Die entsprechende Reaktion folgte am Wochenende auf dem Fuße: 70 Clubs, Kultureinrichtungen und Künstler*innen fordern nun den soforigen Austritt von Docks, Grosse Freiheit 36, Prinzenbar, Kaiserkeller und Galeria 36 aus dem besagten Clubkombinat, das die Interessen der örtlichen Klubs vertritt.

Leugnung schlimmer Krankheitsverläufe

"Vor knapp 2 Wochen fand in der Grossen Freiheit 36 eine Pressekonferenz des neu gegründeten 'Bündnis für Aufklärung' statt. Hier wurden unter anderem schlimme Krankheitsverläufe des Corona-Virus geleugnet. Dies ist ein Schlag ins Gesicht für alle betroffenen Menschen, die Freund*innen und Familienangehörige durch das Virus verloren haben", heißt es in einer Antwort, die diverse Hamburger Clubs auf ihren Facebook-Seiten posteten.

Und weiter: "In der Stellungnahme wird sich hinter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit versteckt und die Aktion dadurch legitimiert. Es ist ein Armutszeugnis auf der einen Seite einen vermeintlich kritischen Diskurs einzufordern, diesen dann weit nach rechts zu öffnen und im Folgenden die dadurch laut werdende Kritik, als nicht demokratisch und 'Meinungsdiktatorisch' abzutun. Diese Doppelmoral können wir nicht dulden. Wir betrachten dies außerdem als gefährliches Instrument, das zu einer Wahrnehmungsverschiebung fernab wissenschaftlich fundierter Fakten führt". Man verurteile die Verbreitung falscher und wissenschaftlich widerlegter Aussagen.

Niemand verbiete den Betreiberinnen und Verfasserinnen der Inhalte, ihre Meinung frei zu äußern, sie müssten jedoch mit den Folgen leben: "Eine Konsequenz ist, dass wir jegliche Zusammenarbeit mit den betroffenen Clubs und Veranstalterinnen konsequent abbrechen und nicht im Zusammenhang mit ihnen stehen wollen". Zu den Erstunterzeichnerinnen gehören u.a. das Uebel & Gefährlich, Molotov, Hafenklang, Millerntor Gallery oder Südpol.

Auch das Clubdkombinat bezog als Verband in einem offenen Brief Stellung. Es sei "mehr als naiv, eine 'offene' Plattform für Corona-Kritik zu betreiben, obwohl allseits bekannt ist, wie sehr Pandemie-Leugner:innen, Verschwörungstheoretiker:innen, antisemitische, sowie rechtsnationale Strömungen miteinander verwoben sind und wie sehr Radikale diesen Diskurs aktiv für ihre Zwecke instrumentalisieren. Eine echte Distanzierung wäre, keinen Raum zu bieten, in dem Grenzen verwischt und Fakten verklärt werden. Der Schaden, der durch Eure Wandaktionen an den Außenfassaden Eurer Clubs entsteht, ist groß". Der Vorstand prüfe nun weitere Schritte, stehe aber weiterhin für vermittelnde Gespräche mit allen Beteiligten bereit.

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7 Kommentare mit 29 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Jahren

    das gleiche in der trauma in kiel, können auch danach zu bleiben... sechs fäuste für ein halt die fresse

  • Vor 3 Jahren

    also kritik an den maßnahmen und beschränkungen, die ja eigentlich eher libertäre positionen sind, ist rechts und demokratiefeindlich, weil "Pandemie-Leugner:innen, Verschwörungstheoretiker:innen, antisemitische, sowie rechtsnationale Strömungen miteinander verwoben sind und wie sehr Radikale diesen Diskurs aktiv für ihre Zwecke instrumentalisieren."?? :confused:
    ""Niemand verbiete den Betreiberinnen und Verfasserinnen der Inhalte, ihre Meinung frei zu äußern, sie müssten jedoch mit den Folgen leben"" das ist btw original der slogan der DDR gewesen

    • Vor 3 Jahren

      Dieser Kommentar wurde entfernt.

    • Vor 3 Jahren

      Nach der Logik ist sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten zu wollen auch eine "eigentlich eher libertäre" Position. Rein theoretisch und konzeptuell stimmt das vielleicht, letztendlich ist es aber natürlich trotzdem Stuss.

    • Vor 3 Jahren

      weil das auch soo vergleichbar ist. ich habe gelernt, damals im sozialkundeunterricht, rechts(konservativ)= starker staat, viel einfluss auf die bürger, immense formelle (und informelle) soziale kontrolle
      liberal= wenig soziale kontrolle, starke freiheitsrechte, freiheitsrechte meist negativ gegen den staat formuliert ("der staat darf nicht" "der einzelne darf nicht xxx behandelt werden")

    • Vor 3 Jahren

      "weil das auch soo vergleichbar ist."

      Deswegen habe ich das Beispiel ja gewählt. ;-)

    • Vor 3 Jahren

      Höre auf zu Trollen :koks: du bist Hochschulabsolvent. Ich muss dir jetzt nicht im Detail aufschlüsseln, warum und inwieweit sich die coronabedingten Grundrechtseinschränkungen von der StVO unterscheiden

    • Vor 3 Jahren

      Alden, bist Du nicht Erzieher oder zumindest in solch pädagogisch naheliegenden Gefilden unterwegs, dass viele Bundesländer seit einigen Jahren dafür ebenfalls auf ein Studium vorab als tariflich-fachlichen Einstieg pochen?

    • Vor 3 Jahren

      Wüsste eigentlich nicht, dass ich hier jemals irgendetwas über etwaige Bildungsabschlüsse kundgegeben hätte, aber nun gut.

      Von der Schwere her sind die Beispiele natürlich verschieden, da Grundrechte halt noch einmal mehr wiegen, aber konzeptuell geht der Vergleich eigentlich schon in Ordnung finde ich. Generell akzeptieren auch sehr libertäre Heinis, dass die persönliche Freiheit dort aufhört, wo eine andere gefärdet wird und entsprechend zur Sicherheit aller auch einmal Regeln und Einschränkungen aufgegeben werden müssen. Irgendwann würde sich das Konzept auch sonst ad absurdum führen. Von daher macht das mMn auch keinen Sinn zumindest die ganz harten Verweigerer und Leugner noch in irgendeine liberale/libertäre einzusortieren. Das sind dann halt nur noch Honks, die die Realität verweigern und/oder ganz basale Zusammenhänge nicht begreifen/Konzepte nicht zuende denken.

    • Vor 3 Jahren

      Zur Klärung, meine Frage ging an @torqui, der hat über Jahre immer mal wieder Halbsätze gedroppt, die eine Deduktion in die Richtung vertretbar erscheinen ließen...

      Verstehe auch diesen Bildungshass ein bissl, bin dahingehend wohl so was wie der mit Glück, Genen und Freund*innen gesegnete "0 auf 200"-Aufsteiger meiner ganzen verkommenen Sippe über mehrere gescheiterte Generationen hinweg... Hab aber gerade deshalb im Zweifelsfall beim Aushängen nach dem Studium immer versucht, den Asi-Clan über den später erworbenen Titel zu stellen und tue es (abgesehen von hier natürlich :D ) auch heute noch mit erdrückender statistischer Häufigkeit.

      Die meisten meiner Patient*innen fragen bis heute beim Erstkontakt in persona als erstes, ob ich hier auch auf diesen Psychologen warte. :lol:

    • Vor 3 Jahren

      glückwunsch gleepi. rezo nutzt auch den fehlgehenden vergleich mit dem straßenverkehr. massel tov. ich würde in dem fall ja seppuko vorschlagen zur ehrenrettung aber du würdest hier fehlen

  • Vor 3 Jahren

    Richtige Entscheidung! Covidioten und Querdenker muss man entsprechend behandeln.

    • Vor 3 Jahren

      Anno 2019 war querdenken noch gleichzusetzen mit innovativ, kreativ und neue Perspektiven entdecken. Es gab sogar Querdenkerkongresse, gesponsert von Unternehmen wie SAP, Microsoft und Volkswagen.

      Heute ist es ein Schimpfwort...

    • Vor 3 Jahren

      @Hasenbau:
      Anno 2019 war Corona ein Gebräu qualitativ knapp oberhalb von Kölsch, süffig-erfrischend, sofern mit Zitrusfruchtscheibe und mit einer Temperatur in der Nähe des Gefrierpunkts serviert.
      Heute lagert man den Impfstoff gegen Corona in diesen Temperaturregionen, und auch mit Limette am Rand will das keiner haben ...

      Gruß
      Skywise

    • Vor 3 Jahren

      An der negativen Konnotation ist doch insbesondere die internationale Vereinigung studierter und quer eingestiegener Mathematiker*innen, noch genauer: die globalen Geometrie-Cracks unter ihnen schuld!

      Angeblich kommt noch 2021 neben der mathematischen auch die grafische Beweisführung ins Fachblatt, die verdeutlicht, warum quer auch in den anderen MINT-Fächern meistens zu kurz gedacht ist, zumindest aberwohl immer dann, wenn's drauf ankommt...

  • Vor 3 Jahren

    Sehr richtig. Es geht da, was sie als "Meinungsfreiheit" und "Kritik" darstellen ja um aktive Wissenschaftsleugnung und um Verschwörungstheorien. Wenn man auf KenFM verweist, muss man wissen: das ist kein seriöser Journalist. Wenn man aus Reitschuster verweist, weiss man: das ist kein seriöser Journalist. Zudem wurden ja auf direkte Verschwörungstheorie-Seiten verwiesen, die z.B. die Existenz der Bundesrepublik leugnen. Das alles ist nicht "Meinung" und sollte nicht verharmlost werden.
    Niemand wird für wissenschaftlich fundierte Kritik an den Pranger gestellt.
    Das Problem ist eher, das solchen "Kritikern" eben die seriöse Wissenschaft in ihren Erkenntnissen nicht passt. Und sie sich dann halt "alternative Fakten" zusammenschwurbeln.

    Das die Hamburger Veranstalter- und Klubszene sich so eindeutig dagegen positioniert, ist ein grossartiges Zeichen. Ich werde zumindest, sobald das wieder geht, keinen Fuß mehr in Docks und GF setzen.

  • Vor 3 Jahren

    Realtalk: Wenn (oft zahlenmässig überlegene) Normalbürger mit ein paar Dutzend Faschos gemeinsame Demo machen, ist das durchaus ein Problem.

    Wenn allerdings diese Normalbürger später Faschos wählen, weil diese die einzigen blieben, die über die Inhalte der Demos gesprochen hatten, als über die Tatsache, dass sie mit Faschos gemeinsame Demo gemacht habe...

    Ich habe unschöne Dejavus.

    • Vor 3 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 3 Jahren

      Bisschen verkürzt, werter Gleep. Hab nirgends von nicht verantwortlich geschrieben. Das Fascho-Wählen nimmt die Leute nicht aus der Verantwortung. Das ist einfach nur ne logische Folge. Guckstu zwei Weltkrieche in Geschichtsbuch.

      Kannst du mal aufhören Erklärung mit Rechtfertigung gleichzusetzen?

    • Vor 3 Jahren

      Naja, aber wenn sich die Normalbürger eigenverantwortlich anders entscheiden können, als so zu wählen, dann ist es auch keine logische Folge dessen. Den Kausalzusammenhang hast ja du aufgebaut, nicht ich.

      Aber gut, war wahrscheinlich tatsächlich etwas überzogen/fehlinterpretiert.