Suicide Bars
Von Porno-Rap zu einem verfrühten Weihnachtsgeschenk für Reaction-YouTuber: zehn Minuten "Totale Battlerap-Kamikaze-Zerstörung (Er hat sie alle gefickt) GONE WRONG". PA Sports meldete sich am Freitag wieder mit einem seiner berüchtigten Bars-Tracks zurück, auf denen er sich am aktuellen Status des Rapgames abarbeitet.
Ihm zufolge geht es dieses Mal sogar so dreckig zu, dass einige Anwälte versucht haben, das Release zu verhindern. Dabei dachte ich ja eigentlich, dass Fler gerade pleite sei.
Doch nicht nur der Berliner Knallkopf kommt unter die Räder, auch für Capital Bra, Jaysus und Moe Phoenix hat der Pottler ein paar unschöne Worte übrig. Wieso, weshalb, warum? Ich bin mir nicht sicher, ob er das mittlerweile selbst noch weiß. Ich weiß es jedenfalls nicht und habe definitiv besseres zu tun, als meine Lebensenergie zu verschwenden, um es herauszufinden.
Das Ding ist: PA kann rappen, besser als die meisten hierzulande sogar. Aber ich schalte diesen Track an, höre innerhalb einer Minute Rumgeheule darüber, dass Rapper High Heels tragen, und ein Innuendo über die NWO, und ich bin schon wieder komplett raus.
Der LIP-Label Chef macht 364 Tage im Jahr irrelevante Scheißmucke, um dann den "Retter der wahren Musik" (das sagt er wirklich!) zu spielen, der als einziger Hip Hops Ideale vertritt und seiner Konkurrenz mit großväterlichen Moralpredigten die Leviten lesen will. Das ist im Vortrag ziemlich stark, aber inhaltlich einfach todlangweilig. Vom furchtbaren Video, das wie das Ruhrpott-Spin-Off von "4 Blocks" aussieht, nach dem niemand gefragt hat über das peinliche Gefasel von Ehre und Rücken bis hin zum unverzichtbaren Beat-Switch und den Referenzen an Nas und Biggie: Wir haben diesen Film schon Dutzende Male vorher gesehen, und nur, weil PA jetzt noch einmal eine Stimmlage tiefer rappt und ein paar politische Lines über Gaza draufpackt, holt er mit dieser inhaltsleeren Realkeeper-Chose nicht auf einmal die Sterne vom Himmel.
In der zweiten Hälfte macht er dann den noch nie zuvor dagewesenen Move, sich selbst ins Visier zu nehmen, und, oh Schreck, entlarvt dabei die eigene Doppelmoral. Das gibt mir zugegebenermaßen deutlich mehr als die erste Hälfte, aber kommt trotzdem so bedeutungsschwanger und voller hohler Phrasen daher, dass da unterm Strich wenig Emotionen außer Gleichgültigkeit hängenbleiben. Dann mach halt auch mal das, was du da predigst. Spiel' mit deinen Kids, pflanz 'nen Baum oder geh' in Therapie, aber melde dich nicht in zwölf Monaten mit 500 Bars zu Wort, weil Fler wieder in einer Instagram-Story deinen Hund beleidigt hat. Das Rapgame ist durch, du musst es nicht mehr retten, okay?
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