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Dezember: Was ging?

Freshman Mirco: Seit letztem Jahr ist im Dezember bei Kanye-Psychosen-Primetime. Fast zwölf Monate war Funkstille, nun geht der ganze Zirkus scheinbar wieder aufs Neue los. Ein neues Album, neue Listening Partys, die in Katastrophen enden, neue Provokationen, neue Rants, neue Nazi-Scheiße. Ich bin müde. Immerhin hat sich der Mann jüngst tatsächlich für seine antisemitischen Ausfälle offiziell entschuldigt, aber bei Kanye kann man sich sicher sein, dass er in zwei Wochen behaupten wird, die Eliten der Musikindustrie hätten ihn gezwungen, das hier zu posten:

Alligatoah-Fans hatten vergleichsweise einen weitaus entspannteren Monat. Nach Gerüchten über sein Karriereende wurden ihre kühnsten Weihnachtswünsche wahr: eine Kollabo mit Fred Durst. Es findet eben zusammen, was zusammengehört. Ich kann es kaum erwarten, nächstes Jahr auf jedem Festival-Campingplatz damit so lange beschallt zu werden, bis ich den Text auswendig kann, während Kevin vom Nachbarzelt seine Frühstücks-Bierbong wieder hochkommt.

Yo Grandama Fromm: Um eure Kanye-Fan-Existenzen beneide ich euch ja schon lange nicht mehr. (Als hätte ich das jemals!) Da mich der Typ weitgehend kalt lässt, kann ich seine Eskapaden problemlos unter "Braucht dringend professionelle Hilfe" ablegen, ohne dass es mich allzu sehr schmerzt. Bei Alligatoah sieht die Sache schon anders aus: Den mochte ich halt mal wirklich gern. Rückblickend frage ich mich aber: War der schon immer so hölzern, so ungelenk im Umgang mit der Öffentlichkeit, so steif und so unwitzig? Ist mir das bloß nicht aufgefallen, zu "Schlaftabletten, Rotwein"- oder "Triebwerke"-Zeiten? Diese ganze Aktion jetzt wieder ... ehrlich, da möchte ich echt im Boden versinken. Erst diese komisch durchschaubare Ich-hör-auf-Aktion, ich versteh' echt nicht, wie Leute das wirklich glauben konnten. Dann diese Nummer mit Durst, naja, für die Jubelperser*innen, die das jetzt wieder für den Heiligen Gral halten, kann er ja nichts, aber dieses bescheuerte Letzter-Wille-Video dazu ... ey, ich bin raus!

Dieser Yannik™: Ach, ich tu' mich schwer mit Alligatoah. Ich hatte definitiv auch meine Zeit, in der ich ihn mir gerne angehört habe, aber irgendwie hat der Reiz sich sehr schnell zerstäubt. Irgendwann ist mir klar geworden, dass seine Musik immer eine kompetente, kreative Fingerübung sein wird, die die Person dahinter mit höflicher Distanz betreibt. Da stecken für mich weder Gefühl noch Ringen mit irgendetwas drin, es ist schlicht egal, alle Kreativität in Ehren. Dieser neue Song fühlt sich aber trotzdem nochmal besonders nervig anbiedernd an: Hey, alles gut, beschäftig' dich nicht mit neuer Musik, hör' einfach dieselbe Kacke wie immer. Warum den Horizont erweitern, es gibt doch schon das Beste der 80er, 90er UND von heute!

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1 Kommentar mit 16 Antworten

  • Vor 10 Monaten

    Gehört ein Wort wie "Jubelperser" nicht in die Kategorie "Zigeunerschnitzel" und somit eingemottet?

    • Vor 10 Monaten

      Nein. Kann man nicht vergleichen. Der Begriff "Jubelperser" steht nicht, wie z.B. das Z-Wort, für die kollektive Abwertung einer ethnischen/rassifizierten Gruppe, sondern für die bezahlten Demonstrations-Teilnehmenden beim Besuch des persischen Schahs in Berlin 1967.
      Die "Jubelperser" wurden eingesetzt, um beim Besuch des Schahs ein Gegengewicht zu den Demonstrationen gegen die Verletzungen der Menschenrechte im Iran zu schaffen.
      Somit hatte das Wort auch zu Beginn keine rassistsische Konnotation.

    • Vor 10 Monaten

      Jein, finde ich.

      Also, schon richtig, das Wort hat im Ursprung nicht den Zweck gehabt, eine ganze Ethnie/Gruppe etc. abzukanzeln, sondern ein bestimmtes Verhalten, das sich auf einen konkreten historischen Hintergrund bezieht.

      Aber: Die Eigenbezeichnung einer Gruppe wird in einem klar abwertenden Kontext genutzt. Dass es ganz explizit um die bezahlten Schah-Bejubler geht und nicht etwa um alle Perser, muss man wissen (Die Sonne ist K A L T), es wird aus dem Begriff nicht deutlich. Erst recht, wenn, wie auch im hiesigen Kommentarbereich ab und an lesbar, das "jubel-" umgangssprachlich gestrichen und nur noch vom Perser bzw. dem Persern die Rede ist.

      Erinnert mich ein bisschen an Marcel Reifs "Jungtürken", die Chris hier mal als Beispiel für vermeintlich überhitzt-unsachlichen Diskurs angeführt hat. Finde es nicht total verwerflich und man braucht bestimmt kein riesen Fass deswegen aufmachen, aber einen Anlass, sich ein bisschen alltagssprachlich auf die Finger zu schauen und zu hinterfragen, sehe ich darin schon :)

    • Vor 10 Monaten

      Was ist dann mit "etwas türken", "Sauce Hollandaise" oder "Schottenröcken"? Denke, dass deine Argumentation ins leere zielt. "Jungtürken" ist eine Bezeichnung ausdrücklich für Türken oder Menschen, denen fälschlicherweise diese Nationalität zugeschrieben wird. "Zigeuner" ist eine Bezeichnung ausdrücklich für Zugehörige der Sinti und Roma (und ebs. wie oben). Bei beiden ist ausschliesslich die Zugehörigkeit zu einer "Volksgruppe" relevant für die Bezeichnung und keine Aktionen

      Jubelperser sind eindeutig durch ihre Handlung definierz, etwas worauf jeder einzelne ausdrücklich Einfluss hat. Einen Menschen aus der Rwgion "Jubelperser" zu nennen, ohne dass dieser an diesen Demonstrationen als beauftragter Gegendemonstrant (und Verbrecher) aufgetreten ist, ist schlichtweg nicht denkbar. Es ist mit der Bedeutung des Wortes nicht vereinbar. Und die negative Konnotation kommt ausschließlich aus den Handlungen, die diejenigen, die so bezeichnet wurden, vollzogen haben.

      Bei der hier gebräuchlichen Nutzung von Jubelperser und dem daraus abgeleitete Verb (jubel-)persern handelt es sich um eine Anspielung auf das ursprüngliche Wort. Das weglassen von "jubel" und die gleichzeitige Assoziation mit Teppichen (was ist eig mit Perserteppich? Auch nicht mehr sagen?) und dem Islam kann mensch schon grenzwertig finden, ma sagen, ich denke aber, dass es ob seiner humoristisch überspitzten Verwendung und ob der Intention schon klar geht.

    • Vor 10 Monaten

      "Die Eigenbezeichnung einer Gruppe wird in einem klar abwertenden Kontext genutzt. "

      Gilt auch für alte, weiße Männer für die Gruppe Männer.

    • Vor 10 Monaten

      "Etwas türken" ist doch ein super Beispiel. Meinetwegen ist die Herkunft unklar (wobei ich tatsächlich alle drei Möglichkeiten der Wikipedia auch im Ursprung eigentlich beleidigend finde), aber im Ergebnis wird jedenfalls eine Volksgruppe/Nationalität mit einer Fälschung/Vor-)Täuschung assoziiert, das könnte man sich ruhig abgewöhnen.

      Sauce Hollandaise, Schottenröcke und den Perserteppich finde ich tatsächlich unproblematisch, weil sie Errungenschaften/Produkte wertfrei bzw. wenn überhaupt anerkennend ihrem Ursprung zuschreiben. Sicher lassen sich auch diese Klischees diskriminierend nutzen, aber das müsste man dann erwingen, denke ich. Aber wenn es dazu andere Meinungen gibt, immer gerne, ich konnte es mir bisher leisten, meine Meinung hierzu oberflächlich zu halten und lasse mich gerne überzeugen :)

      Dass die Jubelperser nicht mit anderen, diskriminierenden Fremdbezeichnung, zB aus der Ausgangsfrage, auf einer Stufe stehen, sehe ich übrigens auch so. Kein Grund, nicht auch da mal einen Gedanken dran zu verschwenden, finde ich.

      PS: Ist eher unwesentlich, aber die "Jungtürken" sind tatsächlich auch vielfach für keineswegs türkisch gelesene Menschen verwendet worden, Beispiele siehe Wikipedia. Ich finde aber wie gesagt sowieso, dass der Begriff wegen der unterstellten, negativen Eigenschaften eine gute Prise Alltagsrassismus in sich trägt.

    • Vor 10 Monaten

      Ach ja, die "alten weißen Männer". Naja, dass das nicht so ganz astrein ist, ist doch wohl unstrittig, oder? Immerhin sind das sogar ausnahmslos durch die Mitglieder nicht beeinflussbare Eigenschaften, die aber zur Bezeichnung von sehr wohl beeinflussbaren Eigenschaften genutzt werden (Unreflektiertheit, Rücksichtslosigkeit, Selbstgerechtigkeit, (Macht)gier etc.). Kann man angesichts der allgemeinen Privilegien dieser Gruppe natürlich für vernachlässigbar befinden...

    • Vor 10 Monaten

      Also die Perser, die ich kenne, finden den Begriff jetzt eher so semi, diplomatisch ausgedrückt.

    • Vor 10 Monaten

      Ich kenne außerhalb dieses Forums niemanden, der den Begriff überhaupt noch verwendet, btw.

    • Vor 10 Monaten

      Dieser Kommentar wurde vor 10 Monaten durch den Autor entfernt.

    • Vor 10 Monaten

      Dass dich das Wort von Unterhaltungen ausschließt ist ein starkes Argument dafür es weiter bzw vermehrt zu nutzen.

    • Vor 10 Monaten

      überleg mal, wer das wort damals, 2007/8, nach laut.de gebracht hat. das dürfte DerKleineMusicFreund gewesen sein. der prototypische alte weiße mann-boomer. der alpha boomer. noch vor dem lautuser...

    • Vor 10 Monaten

      Wurde danach von dba, Sodhahn, paulaut, matze73 und anderen adaptiert.

    • Vor 10 Monaten

      Außer es wurde im laut.bar bereich, der nicht gerettet wurde, zuvor von wem anders genutzt, was sich leider aber nicht mehr belegen lässt

    • Vor 10 Monaten

      meines wissens hat es DKMF eingeführt und damit diejenigen nutzer bezeichnet, die sich nach der sperrung/bann von vapour trail für besagten stark gemacht haben und eine rücknahme der sperrung gefordert haben. das hatte die laut.bar gespalten und zwei verhärtete fronten zurück gelassen, die sich gegenseitig beschimpft haben