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Oktober In Europa, Pt. 2

Wow, das war anstrengend und Zeitverschwendung. Trotz alledem finde ich den Song in der Summe nicht wirklich gut, haha. Er wäre wahrscheinlich ein ganz guter Essay geworden, aber am Ende ist er doch mehr "Nazis Rein" als "Beate Zschäpe Hört U2". Takes und Haltung sind in meinen Augen keine Hook.

Ich meine, klar, niemand wird erwarten, nicht einmal die Antilopen selbst, dass den Song jemand im Loop hört. Musik ist ihr Vehikel für die Message, weil sie halt Musiker sind. Aber trotzdem: Raptechnisch ist das leider zwei Schritte rückwärts. Der Songaufbau ist ein bisschen all over the place, vor allem bei Panik Panzer, der relativ ähnliche Bilder zeichnet wie damals in seinem Verse auf "Outlaws", und dessen unbeholfener Storyteller sich nicht so richtig zu einer ganzen Szene zusammensetzt. Koljah kommt gut pöbelig rein und hat wahrscheinlich die Lines mit der stärksten emotionalen Resonanz, springt dafür aber sehr zwischen seinen Themen hin und her.

Dan macht es vermutlich am besten, weil er seinen Part mit dem Rote Flora-Konzert am Anfang und er der Antifa-Demo in eine schöne Klammer ordnet. Dieses Gefühl für Sortierung und Aufbau hätte den anderen auch gut getan. Aber das ist ja auch irgendwie das Gemeine an alledem. Die Tatsache, DASS sie über dieses Thema sprechen, überschattet eh in zehn von zehn Fällen, WIE sie über das Thema sprechen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Diskurs geben wird, nach dem Motto: "Ja, der Song an sich hat viele gute Sachen zu sagen, aber diese Line finde ich aus den und den Gründen platt oder nicht ganz zutreffend." Oder: "Schon richtig, was ihr sagt, ich habe nur Angst davor, dass diese argumentativen Strategien ausgenutzt werden, wenn Leute ehrliche humanitäre Sorgen um die Menschen in Gaza haben."

Die Seiten sind verteilt und die Skripts, wie damit umzugehen ist, auch. Für die einen werden die Antilopen Helden mit geiler Haltung, für die anderen Zionisten-Schweine mit Kinderblut an den Händen sein, und vielleicht verprellt mich auch genau das so an diesem Thema. Es gibt im Grunde nichts Neues dazu zu sagen. Alle Argumente klirren so lange schon aufeinander, gerade hierzulande, dass der Diskurs eine komische Form angenommen hat, wie so ein einstudierter Tanz. Seite A sagt x, Seite B kontert mit y, Seite A reduziert Seite B auf z, Beleidigung, Beleidigung. Überzeugt, die Seite zu wechseln, wurde doch schon lange niemand mehr.

Versteht mich nicht falsch, ich markiere gerade nicht den enlightend centrist. Ich bemerke nur, dass der Diskurs so lange schon so grundlegend dysfunktional ist, das ich wirklich nicht weiß, was Leute sich davon erhoffen, ihn wieder und wieder zu führen. Mich persönlich macht das ganze Thema nur müde und traurig, und ich bin nicht einmal davon betroffen.

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