Patty Waters - "Black Is The Color Of My True Love's Hair"
Das geordnete Chaos des Free Jazz kann selbst geschulten Ohren hin und wieder überwältigend und furchterregend erscheinen. Wenn man nun aber die Techniken der Improvisation und absoluten Barrierefreiheit dieses Subgenres auch auf die eigene Stimme ausweitet, erhält man einen regelrechten avantgardistischen Alptraum. Patty Waters, eine semiprofessionelle amerikanische Sängerin, nahm in den 60er Jahren zwei Alben auf, von denen besonders ihr Debüt in den Kreisen der abstrakten und unorthodoxen Musik heutzutage Kultstatus genießt.
Es ist vor allem ihr monumentales Cover des irischen Folk-Songs "Black Is The Color Of My True Love's Hair", das Ikonen der Weirdness wie Diamanda Galás oder Yoko Ono in den folgenden Dekaden als Inspiration diente. Galás huldigte ihr einmal mit den Worten: "I listened to her twice. That's all it took for some grain of inextricable influence."
Die Vokal-Gymnastik, die Waters hier anstellt, gibt einem, gepaart mit dem formlosen begleitenden Free Jazz-Gerümpel und dem gespenstischen Cover, das Gefühl, einem rachsüchtigen Geist zuzuhören, der eine vergangene Liebschaft heimsucht, die ihm Unrecht tat. Oder einer Frau, die vor Herzschmerz ihren Verstand verliert. Waters Geschrei entwickelt im Kontrast mit ihren teils wirklich besänftigenden Harmonieren einen hypnotischen Sog, der einen tiefer und tiefer aus der Realität entführt, bis Zeit und Raum für den Bruchteil einer Sekunde völlig bedeutungslos erscheinen. Eine gleichermaßen beeindruckende wie unangenehme Erfahrung.
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