Auf dem Kiez rumort es gewaltig. Nach zahlreichen anderen Locations steht auch der Molotow Club vor dem Ruin. Ursache sind hohe Produktionskosten für Konzerte und eingebrochene Getränkeumsätze.

Hamburg (mma) - Es ist schon schizophren. Da predigt der Kulturökonom (das Wort schon!) seit Jahr und Tag den Tod der haptischen Musikerfahrung vor der heimischen Stereoanlage. Livekonzerte würden heutzutage nicht mehr veranstaltet, um CD-Verkäufe oder Download-Umsätze anzukurbeln, sondern umgekehrt. Tourneen seien fortan der aussichtsreichste Weg, um mit Musik Geld zu verdienen.

Von der gestiegenen Bedeutung von Liveshows profitieren jedoch vorrangig große Venuebetreiber - für ein Sitzplatzticket für die Madonna-Gigs im September etwa sind derzeit mindestens 150 Euro fällig. Indie-Locations haben hingegen mehr denn je mit wuchernden Veranstaltungskosten zu kämpfen. Aktuell betroffen: der Hamburger Kellerclub Molotow.

Weil die Getränkeumsätze, die diese Kosten bislang auffingen, in den letzten Monaten eingebrochen sind, kann die in In- wie Ausland beliebte Location am Spielbudenplatz die Gelder für den Betrieb nicht mehr aufbringen. "Ein zentrales Problem ist, dass die Produktionskosten für ein Konzert - als da wären: horrende GEMA-Gebühren, Unterbringung und Verpflegung der Künstler, Gage, Tontechniker, Aufbauhelfer etc. - in einem kleinen Club dieselben sind wie in einem großen."

Immense Konzertkosten, schwacher Getränkeumsatz

Das Molotow habe bei Konzerten trotz gut gefülltem Haus Verluste eingefahren, erklärt die Pressemitteilung. Gezwungenermaßen folgte jetzt die Kündigung des Mietvertrags zum Jahresende. Als Ursache für den gravierenden Getränkeeinnahmenrückgang sieht Inhaber Andi Schmidt einerseits das Rauchverbot, andererseits "die immer größere Dichte von Kiosken, Imbissen und Discountsupermärkten, die billige Getränke anbieten."

Derzeit bewirbt die Hamburger Innenbehörde lediglich freiwillige Verkaufsbeschränkungen (generell keine Glasflaschen und ab 23 Uhr kein Alkohol). Eine zukünftige gesetzliche Regelung wäre von Clubseite sicher nicht unerwünscht, käme aber im Fall des Molotow viel zu spät.

"Nach 18 Jahren ist es mir mehr als schwer gefallen die Kündigung des Mietvertrages in den Briefkasten zu werfen", formuliert Schmidt. "Es ist nicht nur die Trauer um mein 'Baby', sondern auch die Trauer um ein ehemals blühendes, international berühmtes Szeneviertel, um das uns die ganze Welt beneidet." Die Stadt Hamburg sehe tatenlos zu, wie Läden, die das Flair dieses Viertels ausmachten, verschwänden und durch Supermärkte, Ketten und Systemgastronomie ersetzt würden.

Spendenaufruf soll Club retten

"In den letzten Jahren haben u.a. Marquee, Tanzhalle, Weltbühne, Echochamber oder Click ihre Türen geschlossen - um nur die bekanntesten zu nennen. Das Kukuun tut es gerade und das Mandarin Kasino - ehemals Mojo Club - muss im nächsten Jahr einem Neubau weichen. Dies wird solange weitergehen bis die Reeperbahn wie irgendeine beliebige Hauptstraße aussieht, wie es sie in jedem Viertel in jeder Stadt gibt."

Dem stellen sich Hamburger und Club-Freunde in der Initiative "Rettet des Molotow" entgegen. "Bands wie The White Stripes, Billy Talent, The Hives, The Killers und Mando Diao haben hier vor kleinem Publikum ihre ersten Hamburgkonzerte gespielt. Die Schließung des Molotows wäre daher ein untragbarer Verlust für die kulturelle Vielfalt der Stadt."

"Es kann nicht sein, dass für den Bau von so genannten Prestigeobjekten wie der Elbphilharmonie Millionen zur Verfügung stehen und auch für Nostalgieprojekte wie die Errichtung des Beatles-Platzes Gelder fließen, während die noch lebendige, aktuelle Independent-Szene Hamburgs mit Füßen getreten wird."

Zur Rettung der Venue hat "Rettet das Molotow" ein Spendenkonto eingerichtet:

Konto-Nr.: 1291 12 65 20
Bankleitzahl: 20050550
Bankinstitut: Hamburger Sparkasse
Verwendungszweck: Molotow Spende

Denn "Was weg ist, ist weg", sagt man in Hamburg...

17 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Hä? Wasn Bullshit.
    Rauchverbot! Billige Getränkekioske! Discountsupermärkte!

    Wie wär's mal mit selbst an die Nase fassen und eigene Fehler eingestehen? Kann ja sein, dass sich das Umfeld ändert, aber dann muss man sich doch anpassen und nicht rumjammern.

    Oder??!

  • Vor 16 Jahren

    Zitat («
    Livekonzerte würden heutzutage nicht mehr veranstaltet, um CD-Verkäufe oder Download-Umsätze anzukurbeln, sondern umgekehrt. Tourneen seien fortan der aussichtsreichste Weg, um mit Musik Geld zu verdienen.

    Von der gestiegenen Bedeutung von Liveshows profitieren jedoch vorrangig große Venuebetreiber - für ein Sitzplatzticket für die Madonna-Gigs im September etwa sind derzeit mindestens 150 Euro fällig. Indie-Locations haben hingegen mehr denn je mit wuchernden Veranstaltungskosten zu kämpfen. »):

    Danke, dass das mal jemand ausspricht. :)

    Bei kleinen Clubs ist eben ein ausverkauftes Konzert oft bestenfalls ein 0-0-Geschäft.

  • Vor 16 Jahren

    Was schreib ich mal als jemand, der noch nie im Molotow war und auf der anderen Seite das mehr oder minder kommentarlose Verschwinden von sicher 10 Clubs im Frankfurter Raum (vor Einführung des Rauchverbots und des Euros) miterlebt hat... schwierig... schwierig... ist das nicht einfach der Lauf der Dinge?

    Damals sind Clubs einfach so pleite gegangen, heute sind immer die anderen dran schuld.

  • Vor 16 Jahren

    @Anonymous (« das Molotow ist ja nicht irgendein Club. Es ist für viele DER Club in Hamburg. Das was in den 60ern der Kaiserkeller für Hamburg war ist heute das Molotow für Hamburg!!! Und die Beatles Geburtstätte würde man auch net einfach so dicht machen lassen. »):

    Öhm ... doch, was spricht dagegen?
    Hat Hamburg noch den StarClub? Hat Hamburg noch das Onkel Pö? Hat Hamburg noch das Danny's Pen? Waren diese Clubs weniger bedeutend als das "Molotow", daß man sie schließen mußte? Ist die Kultur in Hamburg deshalb zum Erliegen gekommen?

    Gruß
    Skywise