Die Cellistin Zoe Keating kann nicht mehr frei über ihre Musik verfügen. Die Richtlinien von Youtubes Music Key empfindet sie als Knebelvertrag.

Konstanz (mhe) - Die kanadische Cellistin Zoe Keating gehört zu der Sorte Indie-Musiker, die ihre Songs ganz ohne Label im DIY-Verfahren über Online-Plattformen vertreiben und selbst für Werbung und Filmemacher lizensieren. Neben iTunes und Bandcamp lassen sich auch auf Youtube zahlreiche Videos der Künstlerin finden. Mit seinem (in Deutschland noch nicht zugänglichem) Abodienst Music Key stellt Youtube Keating nun aber unfreiwillig vor die Wahl.

Die Forderungen von Music Key

Auf ihrem Blog hat sich die Komponistin, die selbst früher als Software-Entwicklerin tätig war, über die vertraglichen Konditionen von Music Key beklagt. Diese lauten nälich:

Entweder liefert sie dem neuen Streaming-Dienst alle Songs, die sie bisher bewusst auf diverse Plattformen verteilt hatte, oder ihr bestehender Youtube-Kanal mit nahezu 5.000 Followern wird gesperrt. Des weiteren fordern die Entwickler des Portals, dass alle Titel sowohl auf der kostenfreien als auch auf der Premium-Version mindestens in einer High-Res-Qualität (320 kBit/s MP3) bereitgestellt werden.

Neue Veröffentlichungen müssen zudem zeitgleich bei Youtube geschaltet werden, bevor sie auf anderen Plattformen hochgeladen werden dürfen. Der Deal schreibt außerdem vor, dass auch sämtliche Videos anderer User, die Musik der Cellistin enthalten, auf ihrer Music Key-Seite für Abonnenten abrufbar sein müssen. Der Vertrag, der diese Richtlinien vorgibt, hätte eine Laufzeit von fünf Jahren, was im schnell lebigen Musik-Geschäft eine halbe Ewigkeit bedeutet.

Bisher nutzte Keating bei Youtube die Content-ID-Funktion, die ihr anzeigte, welche User ihr Material verwenden. So konnte sie selbst entscheiden, ob sie dafür über Werbe-Anzeigen bezahlt werden will. Mit dem neuen Vertragsangebot stünde es der Cellistin fortan auch nicht mehr frei, ihre Musik auch ohne finanzielle Verwertung anzubieten.

"Alles oder Nichts"-Politik soll Musikern helfen

Ein Youtube-Sprecher dementierte indessen gegenüber Billboard, Keating mit der Sperrung ihres Kanals gedroht zu haben. Darüber hinaus äußerte sich der Konzern nicht zu den Vorwürfen. An sich gelten hier aber die selben Argumente, die der Video-Anbieter auch im Streit mit zahlreichen Indie-Labels vorbrachte.

Demnach will man dem weitverbreiteten Image entgegenwirken, dass Musiker für Youtube-Klicks zu schlecht bezahlt würden. Mit dem "Alles oder Nichts"-Deal verlieren Musiker jedoch entweder ihre Unabhängigkeit oder die Option, via Content-ID auch dann mitzuverdienen, wenn Fremde ihre Inhalte bei Music Key hochladen.

Freie Verfügung nur noch teilweise möglich

Ein Schuss, der also nach hinten los gehen könnte in Zeiten, in denen der Wert von Musik und der Eigenkontrolle über die Distribution im Zusammenhang mit Online-Plattformen hitziger debattiert wird denn je. Die Google-Tochter bekräftigte, dass Youtube-Nutzer auch ohne Music Key weiterhin die Kontrolle über ihren Content behielten. Schließlich könne man als Copyright-Inhaber immer noch Videos mit der eigenen Musik sperren lassen.

Stellt sich nur die Frage, ob dies auch weiterhin via Content-ID möglich sein wird. Wenn nicht, gestaltet sich die Auslese der fremdverwendeten Inhalte als äußerst mühsam. In diesem Fall müsste der betroffene Musiker Youtube jeden einzelnen ausfindig gemachten Clip melden und gegebenenfalls auf einer Sperrung bestehen.

Zoe Keating kein Einzelfall

Keatings Situation steht sinnbildlich für die Zwickmühle unabhängiger Künstler, die sich von Youtubes neuen Vertragsvorgaben geknebelt sehen. Bisher stellten Bandcamp, Patreon, PledgeMusic und Vertriebe wie TuneCore and The Orchard Alternativen zu den traditionellen Vertriebswegen über Labels dar, die mit Youtube eigene Abkommen über Vergütung geschlossen haben.

Wie und ob Google es schafft, ein Streaming-Modell auf die Beine zu stellen, das sich letztlich tatsächlich flexibler, transparenter und Künstler-freundlicher präsentiert als bisherige Dienste, scheint nach dem Fall Keating zumindest fraglich.

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