Mit melancholischen Texten und einem Schluck Prosecco sorgt Frau Louisan für einen gediegenen Abend ohne echte Ausfälle.
Südafrika (kluk) - "Unsere Elfe, die weckt eben direkt den Beschützerinstinkt bei uns." Gut zu wissen, dass BAP-Chef Wolfgang Niedecken seine schützende Hand über Annett Louisan hält. Gerade dieses ungleiche Paar stellt ja zwischen Esoterik-Tantentum und Autotune-Raps den Ruhepol der aktuellen "Sing meinen Song"-Staffel dar.
Nach Niedeckens Lehrstunde der Nuscheleien in der vergangenen Woche muss nun die sonst so schweigsame Louisan die Neuinterpretationen ihrer Stücke über sich ergehen lassen. Euphorie gepaart mit Heucheleinheiten ist der VOX-Zuschauer am Dienstagabend längst gewohnt, doch die ungewohnt erwartungshungrige Haltung, die die Chanson-Elfe an den Tag legt, überrascht dann aber wahrlich.
Depri-Balladen und Country-Pop
"Ich fühle mich durchaus geehrt, wenn man meine Musik als Chanson bezeichnet", gesteht die 39-Jährige ihren Kollegen. Eine große Distanz zwischen Louisans Depri-Balladen und dem hauseigenen Country-Pop sehen The BossHoss deshalb aber noch lange nicht. Doch zunächst wird sich traditionsgemäß Sekt hinter die Binde gegossen (nur in, nicht vor der Glotze, versteht sich), worüber den Plastikcowboys dann sogar wieder die erste Begegnung mit Louisan in den Sinn kommt. "Das war bei der 1LIVE-Krone. Eine lange Nacht, ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern", beichtet Sascha "Hoss Power" Vollmer fast schon stolz. Jaja, genau. Das alles wär' nie passiert – ohne Prosecco.
"Nena weicht hier alles ein bisschen auf"
Letzteren Louisan-Gassenhauer gibt es diesmal allerdings nicht zu hören. Stattdessen liegt der Fokus klar auf den melancholischeren Stücken des Blondchens, was der abendlichen Sängerkrieg-Episode abermals eine angenehme Ernsthaftigkeit verleiht. Jedenfalls, soweit davon bei einer TV-Show mit Beteiligung von Nena die Rede sein kann.
"Durch Nena weicht das hier alles ein bisschen auf", lobpreist Louisan, wohl wissend, dass bei manchem Kandidaten mehr als nur die Stimmung aufgeweicht ist. Zitat der Woche: "Für den Schmerz meiner Eltern bin ich nicht verantwortlich." Tja, selbst schuld, wer sich darauf einlässt, mit Nena über die Textinhalte des neu vorgestellten Louisan-Songs "Meine Kleine" zu diskutieren.
Foto: VOX / Markus Hertrich
Naiv-unschuldige Dichtungen, frisch interpretiert
Dafür, dass die Quoten-NDW-Prinzessin kurz zuvor noch einen Satz wie "Es gibt eben keine bessere Nena als Nena" rausgehauen hat, gerät ihr Louisan-Tribut "Läuft Alles Perfekt" dann aber doch zu einem ihrer besseren Auftritte der Staffel. In der Tat eignen sich die naiv-unschuldigen Dichtungen des Chanson-Engelchens für unterschiedlichste Interpretationen von bluesigem Pop-Rock (The BossHoss) hin zum lupenreinen Klagelied (Seven).
Neben dem weiterhin im Autotune versinkenden Samy Deluxe ("Stell Dir Vor, Dass Unten Oben Ist") kommt diesmal vor allem Naidoo mit seiner straight getriebenen Rock-Interpretation von "Das Gefühl" etwas unspektakulär daher. Trotz großer stimmlicher Routine kommt der Gastgeber nicht einmal ansatzweise gegen Seven mit "Du Fehlst Mir So" an.
Zugegeben: Alleine für die Verbreitung des souligen Katzenjammers des Schweizers erhält auch die dritte "Sing meinen Song"-Staffel jede Existenzberechtigung. Natürlich auch, um aufzuzeigen, dass es für Annett Louisan nach "Das Spiel" noch eine musikalische Zukunft gab.
Foto: VOX / Markus Hertrich
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