laut.de-Kritik

Polydor lässt seine Pferdchen noch einmal laufen ...

Review von

Vorliegende DVD enthält ein Unplugged-Konzert der No Angels, aufgezeichnet im Frühjahr 2003 im Münchner Club P1. Zu diesem Zeitpunkt schien die Welt der No Angels noch in Ordnung. Zwar war kurz vorher Jessica ausgestiegen, angeblich um eine Babypause einzulegen - die Diskussion um die wahren Gründe ihres Abschiedes aus dem ehemaligen Quintett, die erstmals größere Risse in der scheinbaren Harmonie offenbarte, begann jedoch erst im folgenden Sommer.

Kurz darauf waren die No Angels Geschichte, und was die einzelnen Bandmitglieder im Nachhinein über ihre Erfahrungen berichteten, klang wie die Bestätigung der schlimmsten Vorurteile über's Musikbiz. Schon die mit Rücksicht auf Fans (und potenzielle Käufer) sicher eher milde formulierte Biografie sprach von Dauerstress und der Erfahrung, wie eine Sache behandelt zu werden. Nadja und Vanessa beklagten "krasse Erfahrungen" in "Glitzerpailletten und Faschings-Make-Up-Look". "Die fünf gecasteten Nutten, so nennen wir uns immer", zogen sie nach knapp drei Jahren Bandgeschichte eine ernüchternde Bilanz.

Von den dunklen Wolken am Horizont merkt man beim Gig im P1 vor ausgewähltem Publikum jedoch nichts. Vielmehr präsentieren sich die vier Mädels zumindest stimmlich äußerst gut aufgelegt. Nur von akustischer Gitarre, Schlagzeug und Bass begleitet, präsentieren sie ein bunt gemischtes Programm mit Stücken aus den Alben "Elle'ments" und "No ... Us" sowie dem zum Zeitpunkt des Konzert noch unveröffentlichten "Pure".

"Daylight In Your Eyes" liegt also mittlerweile in der dritten Version vor, der wohl bekannteste Song der No Angels kommt aber in der Unplugged-Version wieder etwas eingängiger rüber, als in Till Brönners Swing-Arrangement. Mit dem bislang nur auf der "Best Of" veröffentlichten "All Cried Out" von Alison Moyet bewegen sich die Vier in eine soulige Richtung, und man hört, wie auch auf dem folgenden Klassiker "Rivers Of Joy" recht deutlich, dass die etwas flotteren Stücke den Damen eher liegen als die reinen Balladen.

Auch können hier die Begleitmusiker zeigen, dass sie sich sowohl auf fein abgestimmtes Zusammenspiel, als auch auf solistische Ausflüge gut verstehen; in "There Must Be An Angel" erzeugen sie gar einen rhythmischen Druck, der die alte Eurythmics-Schmonzette in ein ganz neues Licht rückt. In der zweiten Hälfte des Auftritts stehen mit "Someday", "No Angels (It's All In Your Mind)" und "Washes Over Me" noch drei Stücke von "Pure" auf dem Programm, die vom Publikum deutlich weniger enthusiastisch beklatscht werden als die bekannten Lieder. Allerdings deuten diese ruhigen Songs auch schon an, dass die No Angels ihre behutsamen musikalischen Modernisierungsversuche mit Anleihen beim R'n'B auf ihrem erst noch erscheinenden letzten Album wieder einstellen werden.

Noch ein Wort zum Sinn dieser Veröffentlichung. Das Konzert selbst geht zwar von der musikalischen Seite her einigermaßen in Ordnung, gibt visuell jedoch überhaupt nichts her. Die vier Mädels stehen an ihren Mikros und singen, das Publikum dürfte im Durchschnitt gute vierzig Jahre alt sein und benimmt sich auch so. Geradezu erbärmlich nimmt sich die Ausstattung der DVD aus, die nur die zehn Tracks enthält und sonst nichts - keine Features, keine Interviews, keine Zusammenfassung der Geschichte der Band, nichts. In Anbetracht der Tatsache, dass das Konzert jedem Fan der Band schon bekannt sein dürfte, weil es bereits mehrfach im TV lief, bleibt eigentlich nur eine Schlussfolgerung: ein letztes Mal müssen die "gecasteten Nutten" auf den Strich, hoffentlich finden sie nicht zu viele Freier ...

Trackliste

  1. 1. Daylight In Your Eyes
  2. 2. All Cried Out
  3. 3. Rivers Of Joy
  4. 4. There must be an Angel
  5. 5. Faith Can Move A Mountain
  6. 6. Someday
  7. 7. No Angel (It's All In Your Mind)
  8. 8. Still In Love With You
  9. 9. Something About Us
  10. 10. Washes Over Me

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