laut.de-Kritik
Alles ist erlaubt, weil alles funktioniert.
Review von Kai ButterweckEiner jungen Band, die sich mit ihrem Debütalbum quasi aus dem Nichts heraus ins Rampenlicht katapultiert hat, bläst in der Regel reichlich Druckluft um die Ohren, wenn es um den Studionachfolger geht. Alle Welt will wissen: War der Auftakt nur ein Strohfeuer? Oder kommt da noch mehr? Auch die Jungs von Nothing But Thieves wurden in den vergangenen Monaten mit einer Erwartungshaltung konfrontiert, die manch anderen Newcomern in der Vergangenheit die Karriere kostete.
Nach den beiden Vorab-Tracks "Amsterdam" und "Sorry" atmen Fans der Band aus Essex aber erst einmal kräftig durch. Eine von vorne bis hinten perfekt durchchoreografierte Indierock-Hymne ("Amsterdam") und ein bezirzendes Pop-Juwel ("Sorry"): Alles deutete auf einen weiteren Studio-Volltreffer hin. Nothing But Thieves schienen es sich einfach gemacht zu haben – getreu dem Motto: Never change a winning team.
Doch die beiden bereits veröffentlichten Songs erweisen sich im Trio mit dem schmachtenden 'Muse im Candlelight Modus'-Hit "Particles" nämlich als die einzigen Tracks, die sich sofort in den Gehörgängen festsetzen. Der Rest hingegen sträubt sich zunächst vehement gegen den Ohrwurm-Button.
Psychedelischer Pop mit leichtem "Kashmir"-Einschlag ("Get Better"), Balladeskes mit viel Hall ("Hell, Yeah"), hibbeliger Garage-Rock, der klingt als hätten die Herren von The Hives etwas zu tief ins Glas geschaut ("I Was Just A Kid") und zwischen Stadion und Hinterhof pendelnder Alternative-Pop ("I'm Not Made By Design"): Das Füllmaterial auf "Broken Machine" kommt eher durch die Hintertür herein. Ist es aber erstmal drin, will es nicht mehr raus.
Die jungen Briten wagen etwas, probieren sich aus und schmeißen alles in den Topf. Bereits mit ihrem zweiten Studioalbum schwimmen sich Nothing But Thieves frei. Pop, Rock, Alternative, Elektro: Alles ist erlaubt, alles funktioniert. Selbst die skurrilsten Strukturen entpuppen sich irgendwann als betörende Sound-Schmetterlinge. Bitte genau so weitermachen!
2 Kommentare mit einer Antwort
"Selbst die skurrilsten Strukturen entpuppen sich irgendwann als betörende Sound-Schmetterlinge"
Absolut - hat mich voll gepackt, verdammt.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was dieses Album ist und wo genau es herkommt, aber es ist unfassbar gut. Ein bisschen wie ein Asteroid von einem anderen Planeten. Mystisch, magisch, anders.
das schreit doch nach einem neuen "Schwinger-copy-paste".