laut.de-Kritik
Eine musikalisch begabte Kröte.
Review von Giuliano Benassi"Songs zu schreiben ist für mich wie scheißen", beschreibt Marty Anderson alias Okay originell seinen Output. Wobei er weniger die Güte als die Menge meint: Als er 2005 die Alben "High Road" und "Low Road" veröffentlicht, kündigt er in einem Interview an, bereits ein drittes mit Liebesliedern im Kasten zu haben. Dass "Huggable Dust" erst drei Jahre später erscheint, hat wohl weniger mit dem Künstler als mit den Wirren der Musikindustrie zu tun.
Wie schon zuvor beweist Anderson, dass große Haufen nicht seine Sache sind. Die 18 Stücke in knappen 60 Minuten sind demnach eher Songideen als ausgereifte Stücke. So kommen im Opener nur Keyboards, eine Akustikgitarre und Andersons Raspelstimme zum Einsatz, bevor es mit Song zwei gleich weitergeht. Eine Frau spricht auf einen Anrufbeantworter, es folgen eine gezupfte Gitarre, Händeklatschen und ein kurzer Text: "I want you to know that you're my only, I want you to know that you're my life". Zum Schluss ist die AB-Frau zufrieden. Dauer: 1 Minute 25.
Trotz des Unvollendeten geht vom Album eine verspielte, wohltuend warme Atmosphäre aus,. Was den harmonischen akustischen Klängen und Andersons Stimme zu verdanken ist, die von einer musikalisch begabten Kröte zu stammen scheint. Zum Einsatz kommen neben der Gitarre auch Klavier, Bläser, Keyboards und allerlei elektronische Mittel, die aber selten als solche auffallen. Eher untermalen sie die entspannte Grundstimmung, als dass sie sich in den Vordergrund drängen.
Das erste Lied, das so etwas wie eine klassische Struktur besitzt, ist die Nummer sieben. "Poof" bringt es später gar auf fast sieben Minuten Länge. Der Rest des Materials scheint eher auf Intuitionen zu gründen, die Anderson eine Weile lang bearbeitet, bevor er das Interesse verliert. Dass er Talent besitzt, zeigt sich an Songwriting-Parallelen zu Devendra Banhart.
Ein ausgereiftes Album lag ohrenscheinlich nicht im Sinne des Autors. Nichtsdestotrotz ist "Huggable Dust" eine feine Sammlung an kleinen Idyllen geworden, die im Vor- wie Hintergrund angenehm vor sich hinklimpern.
Noch keine Kommentare