laut.de-Kritik

Der Wuschelkopf erinnert an die Beatles in ihrer kreativsten Phase.

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Mit blondem Wuschelkopf und schlaksigem Körper könnte Ohad Rein als Surfer durchgehen. "Eine wahre Wohltat für das Auge, charmant, zuvorkommend, witzig, und vor allem noch nicht berühmt genug, um lästige Publizisten, vorformulierte Antworten, oder No-Go-Areas zu haben", schreibt über ihn die deutsche Ausgabe der Vanity Fair. Ein netter Kerl, also.

Der auch nette Musik macht. Das erste Stück beginnt mit Gelächter im Hintergrund, bevor es mit Bass, Schlagzeug, Perkussionen und atonaler Rhythmusgitarre richtig losgeht. Im weiteren Verlauf kommt noch eine Sitar dazu. Das Ergebnis hört sich leicht verstimmt an, ist aber ein 1A-Ohrwurm, der die Beatles in ihrer kreativsten Phase – circa 1965 bis 1968 – in den Sinn bringt. Kein Wunder, dass das Stück Rein in seinem Heimatland Australien auf einen Schlag berühmt gemacht hat.

Wie Paul McCartney hat er einen Sinn für Melodien und eine Vorliebe für akustische Begleitungen, die seinen Stücken einen poppigen Touch verleihen, ohne sie aber explizit kommerziell zu machen. Das Ergebnis ist fröhlich und melancholisch zugleich, wie etwa "Trousers" oder "Better Place", in denen eine Pedal Steele-Gitarre zusätzlich Stimmung erzeugt. Im Studio scheint es dabei wie auf einer Party zugegangen zu sein - im Hintergrund sind immer wieder neue Begleitstimmen zu hören.

Die Single "La", die dem Album den Weg nach Europa geebnet hat, ist nicht einmal das beste Stück auf dem Album, auch wenn die Geschichte dazu – es entstand mit behinderten Kindern in einer Schule, in der Rein arbeitete – niedlich ist. Dafür ist das Material durchweg zu hochwertig. Das Lagerfeuerstück "Wedding Song" mit gezupfter Gitarre und weiblicher Begleitstimme zählt zu den Höhepunkten wie auch das an Neil Youngs "Helpless" erinnernde "Long Way From Home". In "Time" gelingt es Rein, im Kopf des Hörers einen Rhythmus zu erzeugen, der akustisch gar nicht vorhanden ist.

Es ist den Stücken anzuhören, dass sie über einen längeren Zeitraum entstanden sind, in dem Rein mit einer Gitarre im Gepäck durch die Welt reiste. Vielleicht klingt es deshalb nicht ganz wie aus einem Guss. Doch das darf der Australier mit einem Lächeln wegstecken, denn "Good Morning" geht nur schwer aus dem Kopf, sobald es sich mal fest gesetzt hat. Wie der Mississippi, der Ursprung von Reins Pseudonym, fließt die Platte vor sich hin, ruhig aber mächtig. Auf dem großen amerikanischen Wasserweg lässt sich wohl nur schwer surfen, aber das hat Rein auch gar nicht nötig, um bei den Frauen zu punkten.

Trackliste

  1. 1. Sunshine
  2. 2. Trousers
  3. 3. Better Place
  4. 4. Summer
  5. 5. Believe It
  6. 6. Wedding Song
  7. 7. La
  8. 8. Long Way From Home
  9. 9. Time
  10. 10. Midnight In Queensland
  11. 11. All The Things

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