laut.de-Kritik
Der Atzen-Kosmos ist nur noch eine Armlänge entfernt.
Review von Kai ButterweckMit druckvollem und kantigem EBM-Sound krachten Oomph! vor genau 20 Jahren um die Ecke. Zwei Jahre später klebten sie sich mit "Sperm" den "NDH-Co-Founder-Button" an die Brust. Doch wer dachte, dass Struktur und Konzept fortan Einzug halten würden im Hause der drei Braunschweiger, der sah sich in den Folgejahren getäuscht. Inklusive des letzten Lebenszeichens des Trios "Truth Or Dare" kam es selten zu einer Deckungsgleichheit zwischen öffentlichen Erwartungen und präsentiertem Material.
Es sei hier mal dahingestellt, ob man sich darüber bislang eher gefreut hat oder nicht. Fakt ist: So funktioniert Polarisierung. Dementsprechend gibt es bei Oomph! seit vielen Jahren nur noch die gläubigen Jünger der Band und jene, deren Mageninhalt sich bereits nach oben bewegt, sobald auch nur der Bandname irgendwo erscheint. Dazwischen befindet sich weitestgehend ödes Land ohne Leben.
An diesem Zustand dürfte sich auch nach der Veröffentlichung von "Des Wahnsinns Fette Beute" kaum etwas ändern. Eher verhärten die Fronten, denn das neunte Studioalbum dürfte zumindest für die Hater-Fraktion ein gefundenes Fressen darstellen. Mit derbstem Foxtrott-NDH-Metal ("Such Mich Find Mich"), aufgesetztem Sixties-Flair ("Zwei Schritte Vor") bis hin zur Verunglimpfung des Bronski Beat-Klassikers "Smalltown Boy" ("Kleinstadtboy"), öffnen die Mannen um Sänger Dero nahezu sämtliche Flanken für massenhaft Seitenhiebe von der Gegentribüne.
Den musikalischen Tiefpunkt erreicht das Album mit dem Piano-Schmachtfetzen "Regen". Man hat das weltfremde Szenario förmlich vor Augen, wie sich die Combo irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft einen gestandenen Scheitel-King des Kalibers Roland Kaiser auf die Bühne holt, um vor versammelter Anhängerschaft den NDH-Schlager zu predigen. Am Ende helfen auch keine klanglichen Zündmomente à la "Bonobo" oder "Seemannsrose" mehr, auch wenn vor allem letztgenannter mit charmantem Hans Albers-Vibe zumindest kurzweilig für Stimmung sorgt.
Songs wie "Bis Der Spiegel Zerbricht", "Die Geister Die Ich Rief" oder "Komm Zurück" dümpeln dagegen weitgehend unter Ausschluss von prägnanten Melodien vor sich hin und bieten standardisierte Industrial-Pop-Metal-Kost für Fast Food-Freunde. Wenn dann zu allem Überfluss auch noch "Lyrik" freigesetzt wird, die in punkto Tiefgang, Witz und Nachhaltigkeit geradezu in Richtung Atzen-Kosmos düst, dann ist der Ofen endgültig aus. Dass der musikalisch vermeintlich stärkste Titel des Albums ("Bonobo") die mit Abstand stumpfesten Worthülsen auffährt, passt am Ende dann fast schon zu perfekt: "Ich wär so gern ein Bonobo, so tolerant und lebensfroh / Mehr Liebe gibt es nirgendwo, ich wär so gern ein Bonobo." Das klingt nach dem Wunsch eines Oneway-Tickets in den Kongo. Ich helfe gerne beim Kofferpacken.
40 Kommentare mit einer Antwort
Oomphie hat wieder nicht als erster einen Comment abgegeben
Ich schätze das Künstler nur Alben rausbringen um ihr Ego aufzupolieren, jetzt mal nur auf Oomph bezogen.
Ui ui ui, gibts bei den Kommentaren eine Zeichenbegrenzung? Ich denke wir haben eine Gegenrezi eines bekennenden Fans in einem Umfang vergleichbar mit dem der Bibel zu erwarten. Let's get ready to rumble!
Ich glaube, dass oomphie die Scheibe so bescheiden findet und sie nicht gutschreiben kann.
Ich mag den spekulativen Gedanken, dass schon beim Anlegen der Kunstfigur oomphie die Idee entstand, in mindestens jedem zweiten je geposteten Kommentar diese vollkommen überzogene Huldigung der Band zu bringen - sich tatsächlich aber in "relevanten" Threads zur Band wie VÖs, Interviews etc. einfach niemals zu äußern.
Bin viel zu bequem um die Hypothese zu überprüfen, dies entspräche jedoch zumindest meinem Sinn für Humor und ist unter Autoren ein bekanntes Stilmittel bei der charakterlichen Feinjustierung bspw. selbstironischer Romanfiguren. Von oomphie würde dies eben seit jeher hier mit dem Holzhammer umgesetzt - aber auch das ist ja nur laut.de typisch.
Unsinn soulburn. oomphie schwelgt einfach immernoch zu sehr in den himmlischen Melodien und texten, die seiner, ihrer unserer und derer zeit weit voraus sind., daher und auch nur daher ist es verständlich... ja geradezu logisch, dass er zeit braucht. zeit die essentielle quelle, die eine welle dem gemeinen hörer sich nicht erschließenden hörkonstrukten ( ich wage gar hier von progressiver erlebnisphilosophie zu sprechen) zu erfassen, sich dafür zu öffnen und die Reinheit des produkts erschließen zu können, ohne in einen absolut unangebrachten anfall von FANBOYTUM zu verfallen
mit anderen worten: oomphie hat endlich seine 5 stamperls of rum und das Album ist ungehört eine sichere Ablehnung
weil
ist doch egal
gruß
PS:
und co KG
war das jetzt witzig? nein, aber kommt an