laut.de-Kritik
Klassikersammlung der UK Rave-Pioniere.
Review von Daniel StraubTechno und House durchliefen in den 90er Jahren in Europa ganz unterschiedliche Entwicklungen. In Deutschland waren DJs die bekanntesten Repräsentanten der Szene. Sven Väth, Westbam und Paul Van Dyk brachten es mit ihren Sets zu internationalem Ruhm. In England waren es vor allen Dingen Live-Acts, die von sich Reden machten. Leftfield, The Orb, Underworld und Orbital prägten eine weniger rigide Spielart elektronischer Clubmusik.
In ihren Tracks mischten sich House, Ambient, Breakbeats und Techno zu einem Sound, dessen klangliche Mächtigkeit ihn zum Massenphänomen machte. Das 2004 aufgelöste Brüderduo Orbital arbeitet jetzt mit einem Doppel-CD-Pack seinen Backkatalog und damit einen wichtigen Teil der britischen Rave-Geschichte der 90er Jahre auf.
Jeweils zehn Stücke finden sich auf jedem Teil von "20". Den historischen Aspekt der Compilation unterstreicht die chronologische Reihenfolge, in der die Stücke angeordnet sind. Den Auftakt macht folglich "Chime", das erste Maxi-Release von Paul und Phil Hartnoll. Mit "Deeper" auf der B-Seite erschien der Track 1989 und ebnete für die Briten den Weg in die erste Liga der Techno-Acts.
Das Stakkato-Keyboard macht schnell klar, dass es sich hier um eine frühe Nummer handelt, die noch deutlich in der Acid-House-Tradition steht und nur bedingt repräsentativ für jenen opulenten Sound ist, der Orbital schon kurz darauf in die Charts katapultiert. Wie dieser klingt, bekommt man bei den nächsten Stücken zu hören.
"Belfast", "Satan" und "Halcyon" gelten heute allesamt als Klassiker. Vollkommen zu Recht, den selbst im Jahr 2009 scheinen sie nichts von ihrer Faszination und spielerischen Leichtigkeit verloren zu haben. Und das sowohl als Tanznummer im Club, als auch beim chilligen Home-Listening. Wobei die housigen Grooves, die die erste CD prägen, ihren Fokus natürlich eindeutig im Club finden.
Auf der zweiten CD zeigen sich Orbital dann von einer anderen Seite. Albumstücke wie beispielsweise der Geheimtipp "The Girl With The Sun In Her Head" vom '96er Longplayer "In Sides" finden sich da. Der epische Schweber gehört auch noch mehr als zehn Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung zum Besten, was elektronische Clubmusik zu bieten hat. Warum Orbital in den 90er Jahren zu einem Live-Act wurde, der mühelos Tausende Musik-Fans begeisterte, zeigen zwei auf "20" enthaltene Live-Versionen.
"Impact", aufgenommen in der Londoner Royal Albert Hall, und "Remind", mitgeschnitten in New York, sind weit mehr als lediglich live umgesetzte LP-Tracks. Insbesondere bei "Remind", das es auf eine Spielzeit von über zehn Minuten bringt, zeigt sich der von Orbital während ihrer gesamten Karriere gepflegte Hang zur Improvisation.
Vergleicht man das Stück mit aktuellen Releases, dann sind vor allen Dingen die vielen Freiheiten auffallend, die sich die beiden Briten in ihren Produktionen stets heraus genommen haben. Statt bloßer Funktionalität geht es hier noch um einen weitreichenderen musikalischen Entwurf.
Wer noch Lücken in seiner House- und Techno-Sammlung hat, der ist mit "20" hervorragend bedient. Alle wichtigen Tracks, die Orbital während der 90er Jahre veröffentlicht haben, sind hier versammelt.
1 Kommentar
Astreines Album!