laut.de-Kritik

Leistungsschau über ein Leben mit Power-Balladen und Power-Pop.

Review von

Mit einem fetten Ausrufezeichen in Sachen Karriere als Musikerin, Mama und Managerin bilanziert P!nk ihre bisherige Laufbahn in der Dokumentation "All I Know So Far" – zu sehen auf Amazon Prime –, die aber auch im Titel einige Fragezeichen erahnen lässt. Wie geht man mit einem Superstardasein inmitten eines gigantischen Entertainment-Apparates um, wenn man doch gleichzeitig vermitteln will, bodenständig und authentisch geblieben zu sein? Die Doku, die die Sängerin auf ihrer erfolgreichen "Beautiful Trauma"-Tour im Jahr 2019 zeigt, wagt den Spagat anhand Behind-The-Scene-Footage, Interviews und privaten Aufnahmen sowie Schwarz-Weiß-Bildern – also Live- und Life-Szenen.

Die private Seite ist es dann auch, die sowohl in der Doku als auch im dazugehörigen Live-Album namens "All I Know So Far: Setlist" Intimität inmitten der Pop-Wirtschaftsmaschinerie simulieren soll. Auf der eine Seite die stimmgewaltige Chefin im eigenen Musikladen, auf der anderen Seite die Mama im lauten Familienzirkus.

Die erste gleichnamige Single zum Album ist dann auch ihrer Tochter Willow Sage Heart gewidmet, mit der sie zuvor schon gemeinsam den Song "Cover Me In Sunshine" aufnahm. Im dazugehörigen kitschigen wie komischen Video zu "All I Know So Far" wird die Tochter zwangsbeglückt mit dem Lebensverlauf der Mutter, die sich vom rebellischen rauchenden Teenie selbstoptimiert zu einer Person für die das schreckliche Wort Powerfrau geradezu erfunden worden zu sein scheint.

Sowohl mit solchen balladenhaften emotionalen Tracks über das Muttersein als auch mit Stadionhymnen, wie den gecoverten Queen-Songs "Bohemian Rhapsody" oder "We Are The Champions", präsentiert P!nk hier eine Leistungsschau für die große Konzert- und Kinobühne: Denn wie in allen Biopics dürfen auch die Sorgen, Abgründe und Ängste einer Künstlerin nicht fehlen.

Doch wie es die Regie (in diesem Fall von Michael Gracey – "The Greatest Showmann") und das Drehbuch meistens verlangen: Ein MusikerInnen-Film steuert zielsicher auf das große Gänsehautfinale zu, und auch hier wird als letzter Song ihr Hit "So What" aus dem Jahr 2014 zelebriert.

Auf dem trotzigen Track mit dem eingängig einhämmernden "Na-na-na-na, na-na, na"-Text verarbeitet P!nk die damalige Trennung von ihrem Mann und es ist wohl kein Zufall, dass auch hier Privates und Powerpop vermengt werden. Sie wischt das Beziehungsdrama im Refrain mit den selbstbewussten Zeilen "So, so what? / I'm still a rock star / I got my rock moves / And I don't need you" weg und befindet schließlich "I'm just fine / And you're a tool".

Und leider beschleicht einem bei dem Projekt Doku samt Soundtrack genau dasselbe Gefühl – die Familie ist letztlich auch nur ein weiteres Werkzeug im Materialkasten einer modernen Mutter-Manager-Musikerin. Und nun: "All Together now: Live Is life, Na-na-na-na, na-na, na".

Trackliste

  1. 1. Just Like A Pill (Live)
  2. 2. Who Knew (Live)
  3. 3. Funhouse/Just A Girl (Live)
  4. 4. River (Live)
  5. 5. Just Give Me A Reason (Live)
  6. 6. Time After Time (Live)
  7. 7. Walk Me Home (Live)
  8. 8. I Am Here (Live)
  9. 9. F**kin‘ Perfect (Live)
  10. 10. MTV Video Vanguard Award Speech
  11. 11. Cash Cash Remix Intro/What About Us (Live)
  12. 12. Cover Me In Sunshine
  13. 13. All I Know So Far
  14. 14. Bohemian Rhapsody (Live)
  15. 15. We Are The Champions (Live)
  16. 16. So What (Live)

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