laut.de-Kritik

Psychedelic Rock mit Uptempo-Power und bunten Genre-Zitaten.

Review von

Schneidende Riffs im Strickmuster der Spezialschärfe von Klingen aus dem großen Küchenmesser-Block sind das Business von Pablo Infernal. Das Quartett mit dem humorvollen Album-Titel "Mount Angeles" beherrscht metaphorische Sprachspiele. Die Musik weckt Bilder im Kopf und regt zu etlichen Klang-Querverweisen an, way back into time. Von den 50ern bis zu den 90ern bietet Pablo Infernal ein Sammelsurium an Assoziationen und Referenzen.

Der Name führt in die Irre: Statt eines apokalyptischen Death Metal-Infernos beschert die Gruppe straighten, schnellen Classic und Heavy Rock mit massiver Verwurzelung im Rock'n'Roll Little Richards und Chuck Berrys. Die Kombo erspielt sich ein eigenes Genre-Areal. Sie zieht ihre Grenzen so eklektisch wie geradlinig.

Wüstenrock-Anklänge, Twist-Tempo und düsterer Gitarrenzunder mit Rockabilly-Stimmungen im Stile der Stray Cats markieren eine Spielfeldlinie in "Danger Zone Intruder". Soul/Blues, Hard/Heavy, Songwriter/Pop und Rock/Rock'n'Roll lauten - grob bezeichnet - die vier Ecken oder Koordinaten, zwischen denen die vier großartigen Spieler ihre Pässe anstoßen.

Auch Lennons Kunstanspruch und McCartneys Harmonie-Strukturen lassen sich unterschwellig wahrnehmen. Zumal Pablo Infernal den Fab Four-Gesamtkatalog eingeübt haben. Schon der Opener "Champagne Killer" oder auch der Track "Simple Things" verweisen auf die Beatles der "I Am The Walrus"-/"A Day In The Life"-Phase.

Zarte Momente voller erhabenen Soulpop-Schwungs mit psychedelischer Verträumtheit prägen im Stück "Sunshine" einen weiteren Schwerpunkt der musikhistorisch kompetenten Rocker. Bluesig unterlegte Akkordzwischentöne machen sich gleichfalls bemerkbar und erinnern zusammen mit der spielerischen Härte der A-Seite an The Free und Bachman-Turner-Overdrive, so in "Bend Your Strings". Essenziell ist auch die bei Led Zeppelin, ZZ Top und White Stripes abgelauschte Sportlichkeit der Drums im extra langen Track "Ancient Aliens", einem dramatischen Herzstück der Platte.

Dieser Banger wirkt trotz seiner Länge kurzweilig. "Ancient Aliens" strahlt eine ordentliche Portion Vehemenz aus, springt aber auch gelenkig, blitzschnell und rhythmisch filigran. Besagte Rezeptur charakterisiert den ganzen Longplayer, wobei die Songs auch eine breite, bunte Palette abdecken.

Die Verrücktheit der Songdramaturgien lässt sich mit einer Vorliebe der Band für Zappa erklären. Die Freude daran, das Eigenleben des Amplifiers zu testen und in dröhnende Resonanztiefen zu tauchen, dürften wohl darauf zurückgehen, dass die Bandmitglieder mit dem Werk von Deep Purple sozialisiert sind.

Sänger Altin Aslanni könnte mit seiner teils heiseren Art und seiner Licking-Gesangstechnik, die mitunter die E-Gitarren-Klangfarbe imitiert, wohl auch gut Prog-Metal krähen. "Please Release Me" und "Kung Fusion" belegen das Talent für diese Schiene sehr gut. Aslannis phasenweise minimalistischer Vortragsstil mit Wechseln zwischen ekstatischem Geschrei und ruhigem Spoken Word in "Past Present" läuft ebenso in die prog-metallische Richtung.

Die Psychedelic-Gitarrenarbeit mit Doors-verwandter Melodie in "Past Present" hebt den zweiten Gitarristen Flavio Scano hervor. Die nostalgischen Sixties-Anspielungen erinnern an die folkige Spieltechnik der Allah-Las. Die meisten Songs meistern geschickt kleinere Kurven und größere Exkurse, kehren aber immer wieder zum Feeling der Anfangstakte zurück.

Alle Lieder passen auffallend gut zueinander. Obschon oder weil sie eine kleine Reise von der Jukebox-Musik der 50er über die Late Sixties nehmen, dann frühe Siebziger, andeutungsweise kurz Glam und Poser Rock streifen, um sich dann durch 90er-Grunge-Ästhetik und fulminanten Britpop-Schwulst ("Present Future") hindurch zu arbeiten. "Mount Angeles" ist insgesamt eine sehr sympathische und mühelos unterhaltende Classic Rock-Platte voller Querbezüge.

Trackliste

  1. 1. Champagne Killer
  2. 2. Bend Your Strings
  3. 3. Danger Zone Intruder
  4. 4. Bbbbaby
  5. 5. Simple Things
  6. 6. Sunshine
  7. 7. Ancient Aliens
  8. 8. Please Release Me
  9. 9. Kung Fusion
  10. 10. Past Present
  11. 11. Present Future

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