laut.de-Kritik
Eine Mischung aus Heimspiel und Topsongs.
Review von Robert FröweinParadise Lost gehören mit Anathema und My Dying Bride nach wie vor zum Triumvirat der elegischen Melancholie. Während sich die einen durchaus mal dem atmosphärischem Postrock zuwenden, und die anderen tief im doomigen Gothic-Sumpf verwurzelt sind, haben sich Nick Holmes und Co. stets den nötigen Schwung bewahrt, um auch bei der härteren Fanfraktion Sympathien zu sammeln.
Für die treuen Anhänger hatte sich das Sextett Anfang des Jahres etwas Besonderes vorgenommen: Sie versorgten die Maniacs mit dem kompletten Meisterwerk "Draconian Times" (1995), das nach wie vor als qualitativ hochwertige Blaupause von jeder Möchtegern-Dunkelrock-Kapelle herangezogen wird.
Warum dem so ist, lässt sich mit der bildgewaltigen DVD "Draconian Times MMXI" relativ einfach beantworten. Die speziellen Liveshows haben Paradise Lost nur bei sieben spezielle Gigs in eigens ausgewählten Städten ausgepackt. Darunter befand sich natürlich die Heimathauptstadt London und deren HMV Forum: die perfekte Kulisse für die schwermütigen, aber niemals schwer zu konsumierenden Lieder.
Neben den superben und differenzierten Kameraeinstellungen bleiben vor allem Bandgassenhauer wie das unerreichte "Enchantment" oder "Shades Of God" positiv in Erinnerung. Die Mischung aus Heimspiel und Topsongs ist eh eine Kombination, die nicht danebengehen kann. Interessant auch, dass Paradise Lost-Fans aus aller Herren Länder ihren Idolen zu sämtlichen Gigs nachfuhren.
Weil ein solches Konzertereignis aber nicht nach zwölf Songs enden kann, mischten die Briten noch diverse ältere und brandneue Lieder in die Setlist. Kein einfaches Unterfangen für die Truppe variabel, dass man nur selten zuvor ein derartig kongruent wirkendes Konzert gespielt haben dürfte.
Trotz der gewohnt tadellosen Instrumentalleistung der Herren Mackintosh, Aedy und Konsorten kann man aber nicht darüber hinwegsehen, dass Holmes gerade die hohen Töne nicht mehr so trifft wie noch vor anderthalb Jahrzehnten. Wer damit leben kann, bekommt ein knapp 90-minütige Reise in sphärische Klangwelten serviert.
Auf der zweiten DVD entführen uns die Mitglieder auf die "Draconian Road", wo man die Jungs im Proberaum, beim Soundcheck oder Backstage beobachten kann. Interviews mit der Band, "Draconian Times"-Produzent Simon Efemey und Manager Andy Farrow runden das wuchtige Paket ab, das auch als CD- und 2LP-Version zu haben ist. Als Fan fühlt man sich 'somewhere back in time'. Und das ist ja nicht das Schlechteste, zumal die Bild- und Tonqualität mit den starken Songs Schritt hält.
2 Kommentare
@Robert Fröwein (« Triumvirat der elegischen Melancholie »):
Alter! Rehspeck für den Mann!
was für hohe Töne hat der Mann denn jemals gesungen, die er nun "nicht mehr trifft"? makes me wonder ...