laut.de-Kritik
Radiotaugliches Produkt mit leichtem Kalkül-Mief.
Review von Gil BielerRein karrieretechnisch haben Paramore bislang alles richtig gemacht. Vom Label fürsorglich gehätschelt, reihte sich für die jungen Emo-Rocker Erfolg an Erfolg: Gold- und Platinauszeichnungen zuhauf, Tourneen durch die USA, Lateinamerika, Europa und sonst wo. Dazu kamen 2008 gleich zwei Songs auf dem Soundtrack zur Teenie-Schmonzette "Twilight". Fertig ist der Durchbruch. Und das alles in Lichtgeschwindigkeit, bedenkt man, dass es die Band erst seit 2004 gibt.
Doch kein Überschall ohne Knall: Diesen gab es nach dem dritten Studioalbum "Brand New Eyes" von 2009 und der zugehörigen Welt-Tournee. Mit dem Brüderpaar Josh und Zac Farro strichen nicht nur Leadgitarrist und Schlagzeuger, sondern auch zwei Gründungsmitglieder die Segel. Nicht, ohne noch eine Runde Dreck um sich zu werfen: Sie zielten auf das Label, motzten darüber, dass sie bestenfalls als Begleitband von Sängerin Hayley Williams behandelt würden und Paramore ohnehin nur ein Produkt der Label-Bosse sei.
Drama, Drama, doch wahrscheinlich auch wahre Worte. Denn was die drei verbliebenen Bandmitglieder jetzt mit dem "Paramore" betitelten vierten Album vorlegen, wirkt in jedem Augenblick auf Radio- und Massentauglichkeit getrimmt. Der rockig-poppige 'Soundtrack zum Erwachsenwerden' Vol. 4. Und in dieser Kategorie liefern Hayley Williams am Mikrofon, Jeremy Davis am Bass und Taylor York, der von der Rhythmus- zur Leadgitarre gewechselt hat, erneut ein ordentliches ... ja, sagen wir 'Produkt' ab.
Der erklärte Leitsatz auf "Paramore" lautet: Positiv in die Zukunft blicken, Aufbruchstimmung. Die Vorab-Single "Now" steckt den Spielraum gut ab. In der Strophe verharren Gitarre, Bass und Schlagzeug schön brav in Lauerstellung, um pünktlich zum Refrain aufzudrehen. Jedenfalls ein bisschen: Die Gitarre schrubbt eine ideenlose Powerchord-Folge runter, Studiodrummer Ilan Rubin (Nine Inch Nails-Fans können jetzt leer schlucken) darf auch nicht zu dolle wirbeln. Denn erstens soll alles schön radiotauglich bleiben. Und zweitens: Über allem schwebt sowieso immer die Stimme von Williams, die zugegebenermaßen auch schön anzuhören ist.
Textlich sollte man von der jungen Dame nicht allzu viel Tiefgang erwarten: Ein metaphorisches Wirrwarr um ein beschädigtes Schiff und "There's A Time And A Place To Die // But This Ain't It" singt sie in "Now". Das Leben geht weiter, alles klar.
Natürlich gibt es in den Songs auf "Paramore" hier und da gelungene Momente. In den Strophen von ("Fast In My Car" und "Grow Up") wird lässig/bassig gegroovt, in "Anklebiters" blitzt sogar ein bisschen Bubblegum-Punk auf. Im Gehör kleben bleiben stattdessen aber die Refrains mit ihrem immergleichen Strickmuster aus klaren Power-Chords und hymnischem Gesang, um die herum die Songs aufgebaut sind. Ein paar Mal mag das noch funktionieren. Auf Albumlänge aber nutzt sich das allzu schnell ab. Und der Kalkül-Mief, den die von dannen gestapften Farro-Brüder kritisierten, lässt sich so jedenfalls bestimmt nicht vertreiben.
10 Kommentare mit 2 Antworten
Der einzige Vermarktungsgrund ist doch eh die süße Sängerin. Klar juckt es die Manager nicht, wer hinter den Instrumenten steht - die können doch immer durch professionelle Sessionmusiker ersetzt werden.
fast so wie bei den Kastelruther Spatzen
Wer findet die Olle denn bitte Süß?
Kopf schüttel
@JaDeVin (« Da du auf behaarte Männerhintern stehst, dürfte klar sein, dass du das anders siehst. »):
Damit mal eins klar ist: ich mag meine Männerhintern unbehaart!
Das sollte eigentlich 4 Sterne bekommen.
Vor allem weil es viele Genres abdeckt und eigentlich von den allermeisten Kritikern gelobt wurde.!!?!!
Gewöhn dich daran schonmal. Alles subjektive Deppen hier auf der Seite... komm da auch immer noch nicht drauf klar.
Ich finde die Wertung so in Ordnung. Mir wurden auf dem Album einfach noch zu wenig Genres abgedeckt, Ragtime und Acid House beispielsweise waren kaum vertreten.