laut.de-Kritik
Lohnender Trip zurück zum Reggae.
Review von Dani Fromm"We are borrowing this world from the children", also lasst uns ihnen eine bessere Welt zurückgeben. Zunächst fassen wir uns aber noch alle an den Händen und singen zur Akustikgitarre ein mahnendes Liedchen. Heal the world, natürlich verbrämt mit dramatischem Frauengesang und, hallelujah, mit Kinderchor.
Auch die Richtigkeit ihrer Botschaft bewahrt diese Nummer nicht davor, Erinnerungen an Funny van Dannen herauf zu beschwören: "Dann hol' ich aus der Truhe meine Eurythmieschuhe und bewege mich sehr elegant." Zum Glück fällt der Rest von "The Rising Of The Sun" weit weniger betulich-belehrend aus. Patrice umkreist die großen Themen - Liebe, Ängste, Tod und Wiederkehr - erfrischend unverkrampft und feiert das Leben und die Kleinigkeiten, die es lebenswert machen, mit farbenfrohem musikalischen Feuerwerk.
Seine stilistische Vielseitigkeit stellt Patrice auf seinem sechsten Longplayer erneut unter Beweis. Dass das Pendel trotzdem wieder deutlicher in Richtung Reggae ausschlägt, dürfte all jenen besonders gefallen, die in "Ancient Spirit" noch heute sein bestes Album sehen. Vom klassischen Roots-Vibe, wie er im Toasting von Busy Signal in "Alive", in "Cry Cry Cry" oder "Every Second" zutage tritt, mäandert Patrice bis in den temporeichen Ska von "1 In 7" hinein.
Wenn "Hippies With Guns" das Kommando übernehmen, wachsen sich die good vibrations zu einem amtlichen Erdbeben aus. "Making Ways" weckt mit der einsamen Gitarre eingangs noch Wildwest-Film-Assioziationen. Die Melodica zieht den Tune aber alsbald in dubbige Gefilde hinüber. "Boxes", ein Statement wider das Schubladendenken, grüßt mit seinem Hall, seinen Elektroeffekten und nicht zuletzt der Ansage ebenfalls aus dem Dub.
Ob in synthetischen oder handgestrickten Kulissen, zur E-, zur Akustikgitarre oder zu Streichern, im karibischen Groove oder im Walzertakt: Patrice behält die Zügel überall fest in der Hand. "Music is my only weapon / I shoot to kill them with every song ... Music is my way to murder."
Wer die charakteristische Knautschigkeit seines Gesangs schon immer als Heulsuserei empfand, wird trotz des durchwegs satten Klangbilds so seine Probleme mit "The Rising Of The Son" haben. Wer sich an Patrice' Alleinstellungsmerkmal dagegen nicht stößt oder gar erfreut, den erwartet ein abwechslungsreicher, vielschichtiger, geschickt arrangierter, auf jeden Fall lohnender Trip.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Ah, ihr habt doch an mich gedacht. Vielen Dank!
na, laufend.
Seine Platte "Nile" kann man in Dauerrotation laufen lassen, alles andere nervt aber schnell. Vielleicht findet er ja noch einmal eine ähnliche Inspiration.
Ich fand ja, dass "How Do You Call It" seine bisher stärkste Platte war.
und ich bin gleich auf "ancient spirit" hängengeblieben.
dito, ragism.