laut.de-Kritik
Auf Spurensuche im Progressive Rock.
Review von Yan VogelDie Spurensuche im Progressive Rock der Pattern-Seeking Animals geht auf "Only Passing Through" bereits in die dritte Runde. Die vollständig aus ehemaligen und aktuellen Spock's Beard-Mitgliedern bestehende Band führt das Erbe der Neo-Progger nahtlos weiter und gewinnt nach dem famosen Vorgänger "Prehensile Tales" weiter an Kontur und Eigenständigkeit.
Auf zehn Songs übt sich die Band in kurzen poppigen wie folkigen Kleinoden ("Just Another Day At The Beach") und komplexen, ausschweifenden Epen ("Time Has A Way"), in denen Tex Mex, Rock, Klassik und Jazz in einem rauschenden Prog-Fest vermählt werden. Bemerkenswert und hörenswert fällt die Erweiterung des Rock-Instrumentariums um Flöte, Geige und Trompete aus.
"I Can't Stay Here Anymore" ist textlich ein Manifest der Rastlosigkeit und des Überdrusses. Musikalisch schickt Ted Leonard ein Andy Summers Gedächtnis-Picking vor, das Dave Meros, das wandlungsfähige Tiefton-Urgestein, mit einem gekonnten wie gestolperten Basslauf kontert.
Der Refrain ist im 7/4-Takt gehalten und verhilft der eingängigen Melodie dadurch zu Nachhaltigkeit. Die Percussions sowie Jimmy Keegans straight-swingendes Drumming lassen im Mittelteil Latin-Feeling aufkommen. Der Balladeske C-Teil weckt Erinnerung an Genesis zu "A Trick Of The Tail"-Zeiten, sicherlich nicht die schlechteste Referenz.
Minimalistisch erklingt "Rock Paper Scissor" mit einer pittoresken Tonfolge, die an eine Spieluhr erinnert. Die Female-Backings im Refrain verstärken den lieblichen Eindruck des Stückes. Im Titeltrack hisst das Quartett die Fahne der Nostalgie.
Die Klangdichte folgt mal der reduzierten Diktion des Krautrock und mal der pompösen Machart des Symphonic Rock. Gerne heftet man sich an die Fersen und geht mit Boegehold und Co. durch dick und dünn. Das Topmodel-Paradoxon bestätigt sich aufs neue: Nicht alles, was schlank ist, ist auch besser.
Bei aller Verbundenheit zum Progressive Rock laufen Pattern-Seeking Animals selten Gefahr, auf allzu ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Vielmehr verleiht das Kollektiv dem angestaubten Genre frische Impulse. Die direkte und zupackende Art der Umsetzung wirkt belebend.
Beim Barte des Poeten: die nüchterne Sicht auf das Wirken des Menschen schafft Raum für Schönheit und Schrecken der Natur. So wie man ein Universum aus Atomen ist, ist man gleichermaßen ein Atom im Universum.
Der Entscheidungsspielraum für die Spezies Homo Sapiens scheint gering: globale Erwärmung oder nuklearer Winter? Ich würde Musik vorziehen, wie in diesem Falle divers und mit tollen Melodien versehen ist. Prog in dieser Form ist die Verbindung des unvollkommnen Guten mit dem kleinen Bösen.
Noch keine Kommentare