laut.de-Kritik
Mit Jon Bon Jovi auf Sinatras Spuren.
Review von Artur SchulzBereits 2005 veröffentlichte Altmeister Paul Anka mit "Rock Swings" ein bei Kritikern und Fans gleichermaßen erfolgreiches Swing-Album. Verantwortlich für diesen mittlerweile schon einige Jahre anhaltenden Sound-Trend ist Robbie Williams, der 2001 mit "Swing When You're Winning" diese in vergangenen Jahrzehnten sehr vernachlässigte Musik-Spielart zurück in die Gegenwart transferierte.
Paul Ankas stattet hier Rock-Classics wie Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" mit einem zunächst unpassend anmutenden, neuen Gewand aus - und das mit spannenden Resultaten. "Classic Songs, My Way" hält sich an ähnliche Vorgaben wie "Rock Swings" - ergänzt durch eine Zusatz-CD, die eine große Anzahl früherer Hits des Künstlers enthält.
Cyndi Laupers "Time After Time" überzeugt gleich zu Albumbeginn in seinem frischen, beschwingt-beswingten Tanzkleid. Oleta Adams' "Get Here" bleibt in tanzbarem, mittschnipp-animierenden Fahrwasser. Die Adaption von "Mr. Brightside" (The Killers) ist ein weiterer Beweis für Ankas Gespür, zeitgenössischen Rock elegant in ein unerwartetes Outfit zu kleiden. Duran Durans "Ordinary World" erstrahlt in einem meisterhaften Arrangement, das an die Arbeiten eines Don Costa oder Nelson Riddle für Frank Sinatra erinnert.
Sogar Bryan Adams' "Heaven" bekommt durch Anka und seine Band eine überraschend effektive, absolut gelungene Frischzellenkur verpasst. Joni Mitchells Klassiker "Both Sides Now" erinnert in der vorliegenden Version an einen vergessenen Zwillings-Titel von Judy Garlands "Somewhere Over The Rainbow" aus dem Film "The Wizard Of Oz" - hier ist ganz großes Sound- und Emotionskino angesagt.
Stets lässig kredenzt Anka seinen Swing-Cocktail. Die Original-Songs sind oft nicht auf Anhieb erkennbar - ein reizvolles Ratespiel für den Hörer, der beim ersten Abspielen den Blick auf die Tracklist meidet. Der Gedanke an Verstümmelung oder gar Vergewaltigung, den manch Purist sicher im Hinterkopf haben mag, ist hinfällig.
Denn der Künstler versteht es, vermeintlich altbekannten Titeln neue Nuancen und Facetten abzugewinnen. Neben den in bester Lounge- und Las Vegas-Tradition eingespielten Uptempo-Nummern mit viel Witz und Temperament stehen die zurückgenommener intepretierten Arbeiten stets gleichberechtigt.
Mit "You Are My Destiny" covert Anka einen seiner Hits aus Teenager-Tagen - hier unter Mithilfe des von ihm protegierten Schützlings Michael Bublé. Natürlich besitzt Bublé seine persönlichen Qualitäten, steht aber in Sachen Reife und Ausdruckskraft (noch) hinter Kollegen wie z. B. Harry Connick, Jr. zurück. Bei Marc Cohns "Walking In Memphis" klappt es nicht ganz mit dem Transfer auf die Jazz-Insel: Dieser Song berührt in seiner ursprünglichen, bluesigen Original-Fassung deutlich mehr.
Für die Neuversion des Über-Klassikers "My Way", den Anka einst exklusiv für Sinatra komponierte, überrascht Jon Bon Jovi als Duett-Partner - und macht hier eine äußerst gute Figur. Doch Ol' Blue Eyes ist und bleibt der wahre Herrscher über diesen Mega-Hit. Auch Produktions- und Orchesterarbeit zeigen sich wie beim Vorgänger erlesen und zeugen von hohem Qualitäts-Standard.
Paul Ankas Stimmarbeit ist bestens auf die einzelnen Titel abgestimmt und erstarrt nicht in jahrzehntelanger Sing-A-Long-Routine. Natürlich zeigt das spezifische Konzept, erneut aufgelegt, hie und da fraglos kleine Abnutzungserscheinungen - doch das mindert niemals den Hörspaß. Auch die beiliegende Zweit-CD enthält mit gleich zwanzig Tracks einen ordentlich sortierten Überblick über das bisherige Schaffen Ankas.
Neben einigen Rarities finden sich insbesondere die Erfolge der Endfünfziger und frühen Sechziger. Ob der erste Superhit "Diana", Schmachtfetzen wie "Put Your Head On My Shoulder" und "Puppy Love" oder zeitlose Pop-Nummern des Kalibers "A Steel Guitar And A Glass Of Wine" mitsamt "Cinderella" - sie alle dienen als glänzende Belege für den persönlichen Stil und die Klasse, die den Songwriter Paul Anka seit Jahrzehnten auszeichnen. Zum Schwelgen für Alt-Fans und Neu-Entdecken für jüngere Generationen ist "Classic Songs, My Way" also bestens geeignet.
4 Kommentare
Paul Anka hat bei "My Way" nur den englischen Text geschrieben, das Original ist ein französisches Lied von Claude François, Jacques Revaux und Gilles Thibault. Titel: "Comme d'habitude" (Hab ich allerdings noch nie gehört...).
Fragen wir Anka selbst (Stern-Interview):
"My Way" für Frank Sinatra haben Sie auch geschrieben.
Das ist neben "She's A Lady" für Tom Jones und natürlich "Diana" mein absoluter Favorit aus den rund 900 Liedern, die ich geschrieben habe.
"Lady" & "Diana" sind ganz klar komplett eigene Sachen, und er nennt sie im Verbund mit "My Way".
Auch z. B. auf der offziellen Sony-Seite wird Anka ebenfalls als kompletter Songwriter genannt.
Andererseits gibt es im Net tatsächlich genügend Einträge, die auf den französischen Ursprung verweisen.
Vielleicht hat er auch nur Fragmente des französischen Parts mit übernommen, bzw. es als Basis benutzte).
So gesehen tatsächlich ein nachforsch-würdiger Fall.
@Herr Andrack (« Vielleicht hat er auch nur Fragmente des französischen Parts mit übernommen, bzw. es als Basis benutzte). »):
Eat this
http://youtube.com/watch?v=AmHntiV2Ebs
(Claude Francois - Comme d'habitude)
Soviel zu den "Fragmenten", die Unterschiede mußt Du mit der Lupe suchen. Anka hat praktisch das komplette Lied übernommen, der Text ist allerdings nicht einfach übersetzt, sondern komplett anders.
Und das IST My Way, keine Frage!
Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht: Eben ein Griff ins CD-Regal zu Sinatra. Booklet aufgeschlagen - und zu den My Way-Credits steht: "Anka / Francois, Revaux, Thibault".
Falsche Federn also seit Jahrzehnten, die so nicht aufgefallen sind bzw. wohl ständig weiter falsch übernommen wurden. Das gibt natürlich eine Änderung.
Verdammte Frogs!