laut.de-Kritik
Kurzweilige Preisverleihung mit vielen Stars und Hits.
Review von Giuliano BenassiEin elegantes Gebäude in Washington, D.C. beherbergt die größte Bibliothek der Moderne: Mit etwa 100 Millionen Büchern besitzt die Library of Congress, die Bibliothek des US-Repräsentantenhauses, die weltweit größte Sammlung an Druckschriften. Mit den vielen benachbarten Museen an der Mall, einem großen grünen Streifen, an dem sich auch das Weiße Haus befindet, bildet sie so etwas wie die Fläche mit der höchsten Kulturdichte der zeitgenössischen Welt.
Doch wie so oft haftet dem Begriff "Buch" etwas Staubiges an, weshalb die Verantwortlichen der Bibliothek auf die Idee gekommen sind, einen jährlichen Preis an herausragende musikalische Gestalten zu verleihen. Immerhin gehören auch 2,7 Millionen Tonträger der Sammlung an.
Gut, Ira und George Gershwin, deren Name die Auszeichnung trägt, und Paul Simon, 2007 der erste Empfänger, lassen nicht gerade das Herz eines jüngeren oder lesefaulen Publikums höher schlagen. In beiden Fällen ist es aber eine Wahl, die sich kaum kritisieren lässt. Qualität statt Effekthascherei à la MTV, lautete das Leitthema des Abends im Veranstaltungssaal mit Tiffany-Dekor.
Nach der entbehrlichen Laudatio des Sportmoderators Bob Costas geht es mit Country-Sänger und Schauspieler Lyle Lovett entspannt los. Der Dobro-Spieler Jerry Douglas und die wunderbare Alison Krauss sorgen in Zusammenarbeit mit der Songwriterin Shawn Colvin für einen ersten Höhepunk.
Mit Stephen Marley weht nicht nur der Geist seines Vaters Bob, sondern auch eine wohltuende Reggae-Brise in den Raum hinein. Gelungen die Einblendung von Videoaufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten: Miriam Makeba und Simon in Zimbabwe 1987, Simon alleine im Yankees Stadium mit einer melancholischen Hommage an den verstorbenen Baseball-Star Joe DiMaggio 1999, Simon und George Harrison in einer einfühlsamen Version von "Homeward Bound" 1976.
Dazwischen tun sich Ladysmith Black Mambazo mit ihrem Harmoniegesang hervor, während der US-Hofdichter Billy Collins mit Gospel-Untermalung ein eigens verfasstes Gedicht rezitiert. Als Lyle Lovett erneut auf die Bühne tritt, ist die Stimmung so entspannt, dass er zum ersten Mal seit geschätzt 1987 in der Öffentlichkeit lacht.
Jennifer Lopez' Gatte Marc Anthony läutet den rockigeren Teil der Show ein, in dem Soulsänger Jessy Dixon noch einmal zusätzlich aufs Gaspedal drückt. Für Gelächter sorgen Grobi und Elmo aus der Sesamstraße mit ihrer Version der Gute-Laune-Stücks "59th Street Bridge Song".
Schließlich steht der Preisträger selbst auf der Bühne, zum ersten Mal seit dem Abschluss der triumphalen Welttour 2004 in Rom mit Freund/Feind Art Garfunkel, natürlich mit "Bridge Over Troubled Water". Doch die herausragende Zusammenarbeit des Abends ist die mit Stevie Wonder, der es sich erlaubt, bei "Loves Me Like A Rock" zu patzen und lächelnd noch einmal von vorne anzufangen. Zum Schluss darf Komponist Philip Glass am Flügel "Sounds Of Silence" dekonstruieren.
Eine kurzweilige Preisverleihung, die einem Tribute-Album gleicht. Die in der Library beherbergte Shakespeare-Sammlung oder eine der ersten Guttenberg-Bibeln mögen wertvoller sein, doch hat auch Paul Simons Werk Bestand. Wie einige der Interpretationen auf dieser DVD.
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