laut.de-Kritik

Die Synthese aus Yello und DJ Bobo: Kunst und Zirkus.

Review von

Es gibt Künstler, denen will man sich während eines Interviews spontan um den Hals werfen. Etwa kürzlich Yello-Querdenker Dieter Meier bei dessen Gedankenstrom zur Kunst des eidgenössischen Kollegen DJ Bobo: "Der ist ein perfekter Entertainer, ein Zirkusunternehmer, der ganz lustige Shows macht, die die Leute mögen. Das ist wie Holiday On Ice oder eben Zirkus mit Elefanten und Giraffen."

Mit diesem nachvollziehbaren Vergleich zielte Meier darauf ab, dass sich seine Band vornehmlich seriöser Musikerzeugung widmet, während Herr Bobos Erfolg eher Aufführungen wattierter Traumwelten zu verdanken ist. Aber muss es immer Entweder-Oder sein? Nein: Willkommen auf einem Pet Shop Boys-Konzert.

Ihre 25-jährige Ausbildung im Pop-Kunst- und Showbusiness-Sektor machte sich bei den Briten zuletzt im wundersam juvenilen Album "Yes" und am 21. Dezember 2009 auch live in der Londoner O2-Arena bemerkbar.

Ihre Liveshow als gigantischen Zirkus zu bezeichnen, ist beileibe keine Beleidigung, auch wenn in London weder Elefanten noch Giraffen, dafür aber Background-Sängerinnen mit absurd großen Würfel-Helmen und gigantische Film-Screens die Szenerie beherrschen.

"Das hinreißendste Spektakel des Jahres", lobte die Times folgerichtig die DVD mit einem Enthusiasmus, den die Neue Zürcher Zeitung wohl eher nicht für DJ Bobo übrig hätte.

Trotz all der verrückten Shows, die das Duo in der Vergangenheit schon gespielt hat, erreicht die aktuelle Vorstellung aufgrund der symbiotischen Verbindung technischer und darstellerischer Gimmicks einen neuen Karriere-Höhepunkt.

Holiday On Ice-Feeling kommt spätestens dann auf, wenn plötzlich als Chrysler Building und World Trade Center verkleidete Tänzer neben Sänger Neil Tennant auftauchen, die im Farbenirrsinn der Big Screens jedoch nach und nach zu Pappmaché-Figuren schrumpfen.

Tennant wirkt mit Sonnenbrille und Melone im neuen Programm ohnehin schon wie die aus dem eigenen Cartoon entsprungene, menschgewordene Comic-Figur.

Musikalisch brennen die Boys ihr bewährtes Hit-Feuerwerk ab, das sich trotzdem nie anbiedert. "Heart" eröffnet butterweich, danach schieben sie beinahe unbemerkt vier "Yes"-Songs nach.

Nicht einmal die kaum mehr zu ertragenden Heuler "Go West" und "It's A Sin" stören im Fluss des elektronischen Beat-Happenings, was wiederum zu großen Teilen der hervorragenden Show zu verdanken ist.

Der Fan bekommt anhand der Integration rarer Tracks weiche Knie, etwa bei der 1987 unerklärlicherweise auf einer B-Seite verramschten Märchenballade "Do I Have To?" oder dem majestätischen "King's Cross".

Großartig auch der Italo-Disco-Break mit dem Kraftwerkesken "Two Divided By Zero" und "Why Don't We Live Together", in dem Lowe herrlich nonchalant den Shannon-Beat ("Let The Music Play") zitiert und Tennant die eigene Bobby O.-Verbeugung "In The Night". Hier wagt sogar der stocksteife Italo-Fanatiker am Keyboard zur Begeisterung der Arena einen Tanz mit den Profis.

Der DVD liegt netterweise noch eine (von Stuart Price gemixte) Audio-CD bei, passend zur CD-Verpackung. Darauf haben es allerdings nur 17 der insgesamt 22 Livetracks geschafft. Abgerundet wird die Live-DVD mit aktuellen Musikvideos und dem schönen Auftritt bei den letztjährigen Brit Awards mit Lady Gaga und Brandon Flowers.

Dass Tennant im Medley "Se a vida e / Discoteca / Domino dancing / Viva la vida" mit goldener Krone und langer Robe den noch immer nicht mit einem Brit geehrten Depeche Mode huldigen wollte, ist jedoch nur eine launige Vermutung des Autors.

Trackliste

CD

  1. 1. More than a dream / Heart
  2. 2. Did You See Me Coming?
  3. 3. Pandemonium / Can you forgive her?
  4. 4. Love etc.
  5. 5. Go West
  6. 6. Two divided by zero
  7. 7. Why don't we live together?
  8. 8. New York City Boy
  9. 9. Always On My Mind
  10. 10. Closer to heaven / Left to my own devices
  11. 11. Do I have to?
  12. 12. King's Cross
  13. 13. Suburbia
  14. 14. Se a vida e / Discoteca / Domino dancing / Viva la vida
  15. 15. It's A Sin
  16. 16. Being Boring
  17. 17. West End Girls

DVD

  1. 1. More than a dream / Heart
  2. 2. Did You See Me Coming?
  3. 3. Pandemonium
  4. 4. Love etc.
  5. 5. Building A Wall
  6. 6. Go West
  7. 7. Two divided by zero
  8. 8. Why don't we live together?
  9. 9. New York City Boy
  10. 10. Always On My Mind
  11. 11. Closer to heaven / Left to my own devices
  12. 12. Do I have to?
  13. 13. King's Cross
  14. 14. The Way It Used To Be
  15. 15. Jealousy
  16. 16. Suburbia
  17. 17. What Have I Done To Deserve This?
  18. 18. All Over The World
  19. 19. Se a vida e / Discoteca / Domino dancing / Viva la vida
  20. 20. It's A Sin
  21. 21. Being Boring
  22. 22. West End Girls
  23. 23. My girl
  24. 24. It doesn't often snow at Christmas
  25. 25. Love etc. (Music Video)
  26. 26. Did you see me coming? (Music Video)
  27. 27. All over the world (Music Video)
  28. 28. 2009 BRIT Awards Performance

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Pet Shop Boys – Pandemonium - Live at the O2 Arena London 21 December 2009 €11,63 €3,00 €14,63
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Pet Shop Boys – Pandemonium Live (CD+DVD Special Edition) €211,61 Frei €214,61

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Pet Shop Boys

Im Frühjahr 1985 macht sich ein englischer "Smash Hits"-Musikjournalist zum Gespött der gesamten Redaktion, als er verkündet, seinen Job zugunsten …

Noch keine Kommentare