laut.de-Kritik
Der AC/DC-Drummer wagt sich an ein Soloalbum.
Review von Giuliano BenassiWas machen AC/DC, wenn sie nicht im Studio oder auf Tour sind (was in den letzten 20 Jahren des Öfteren der Fall war)? Sänger Brian Johnson fährt Autorennen, Gitarren-Derwisch Angus raucht wie ein Schlot und sein Bruder Malcolm versucht, seine Gesundheit in den Griff zu kriegen.
Die zweite Garde hält sich, wie auf der Bühne, im Hintergrund. Das sind Bassist Cliff William (dabei seit 1977) und Schlagzeuger Phil Rudd (dabei seit 1975, mit einer Unterbrechung von 1983 bis 1995). Letzterer hat nun zumindest mit einer Tradition gebrochen, die schon seit der Gründung der Band 1973 währt: Keiner hat während seiner Mitgliedschaft ein Album unter eigenem Namen herausgebracht.
Rudd gilt wegen seines trockenen, schnörkellosen Spiels als AC/DCs bester Schlagzeuger. Für ihn, wie für alle anderen auch, gilt: Angus sorgt für das Spektakel, die anderen bilden eine solide, äußerst präzise Grundlage. Auch wenn die Band oft als technisch simpel belächelt wurde – das Zusammenspiel der Instrumente ist beeindruckend.
Auf "Head Job" lässt Rudd die Zügel ein wenig los. Dass er am Schlagzeug sitzt, lässt sich unschwer erkennen, aber zumindest vom Stil her gönnt er sich ein wenig Abwechslung. Die Riffs des Openers und des zweiten Tracks "Sun Goes Down" hören sich zwar wie AC/DC-Ausschussware an, doch fühlt man sich im weiteren Verlauf eher an Southern Rock der Marke ZZ Top erinnert, manchmal sogar an eine entschärfte Version von Motörhead.
"Es handelt sich um eine schnörkellose Rock'n'Roll-Platte. Das war unser Plan. Und ich denke, wir haben ihn gut umgesetzt", äußert sich Rudd dazu. "Einige Songideen lagen 25 Jahre lang in der Schublade, ein paar der Stücke hab ich sogar mit den Jungs gejammt". Soll heißen: Es handelt sich um ein ernstzunehmendes Album und nicht nur um ein Projekt aus Langeweile.
Aufgenommen in Rudds eigenem Studio in seiner Wahlheimat, dem neuseeländischen Tauranga, standen ihm Allan Badger und Geoffrey Martin zur Seite, die Gesang, Bass und Gitarre beisteuerten. Dass es sich um lokale Musiker handelt und nicht um international bekannte Profis, verleiht dem Album einen gewissen Club- oder Pub-Charme, im Gegensatz zum Stadionrock AC/DCs.
Die Bezüge zur Hauptband sind natürlich vorhanden, angefangen beim Titel, der in seiner Zweideutigkeit auch von seinem verstorbenen Kumpel Bon Scott stammen könnte: "Head Job" bedeutet nicht nur Kopfsache, sondern ist auch eine Anspielung auf Oralsex. Es sei ein sehr persönliches Album, meint Rudd. Intime Bekenntnisse sind allerdings nicht sein Ding: "Don't talk to me / Just leave me be / Just wanna watch TV / And think about nothing", stellt er gleich zu Beginn im Titeltrack klar.
"Crazy" bietet als einzige Überraschung etwas schunkeligere Töne, ansonsten ist wie angekündigt straighter Rock angesagt. Denn mit einer anderen Tradition hat Rudd nicht gebrochen. Zum Glück, denn die ist bei AC/DC eisern: Balladen gibt es nicht.
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