laut.de-Kritik
In sich schlüssig, beängstigend, spannend und witzig zugleich.
Review von Dani FrommUm es gleich vorweg zu nehmen: Anspieltipps gibt es hier keine. "Mal reinhören" wird nicht funktionieren. Ich bin mir des weiteren relativ sicher, dass die Single (es gibt eine: "Coochie Coo") keinen Blumentopf gewinnen wird. "My Machine" macht portionsweise oder nebenher genossen wirklich weder Sinn noch Spaß. Widmet man dem Album allerdings einen kompletten Durchgang lang ungeteilte Aufmerksamkeit, erntet man eine starke Stunde hervorragende Unterhaltung. Der Promo-Text spricht von einem Konzeptalbum - das ist zu wenig: Tatsächlich serviert Princess Superstar mit "My Machine" ein Science-Fiction-Hörspiel.
Wir schreiben das Jahr 2080. Dies sind die Abenteuer von Princess Superstar, die mit ihrer 10.000 Duplikanten starken Doppelgängerarmee unterwegs ist, um die Herrschaft über das Showgeschäft an sich zu reißen. Wir erleben Aufstieg, Zenit und Fall des alles beherrschenden Superstars und - nach einem weiteren Zeitsprung ins Jahr 3005 - auch gleich noch, was danach geschah. Das Szenario ist in sich schlüssig, beängstigend, spannend und witzig zugleich. Princess Superstar gibt auf der Jagd nach dem Unterhaltungsmonopol ("Me, myself and I - the only celebrity alive") einen weiblichen, rappenden Frank'n'Furter der Spitzenklasse ab. Der Stoff ist absolut drehbuchtauglich. Einzeln für sich betrachtet, verlieren die Tracks jedoch stark an Reiz, da sie im Wesentlichen von der Story leben.
Musikalisch reißt mich die Angelegenheit nicht vom Hocker; man könnte meinen, Conchetta Kirschner sei auf einer ihrer beschriebenen Zeitreisen in den späten 80ern (neunzehnhundert-80ern, versteht sich) hängen geblieben. Die Beats sind größtenteils, man verzeihe mir die Deutlichkeit, lausig. Wenn nicht gerade (wie in "I Like It A Lot", "Sex, Drugs & Drugs" oder "Artery") Ausflüge ins Grenzgebiet zwischen Punkrock und Disco anstehen, klingt doch alles sehr nach dünnem, zwanzig Jahre altem Elektropop. Mal mit einem Hauch von Reggae-Rhythmus ("Bad Girls N.Y.C."), mal durchzogen von einem kleinen Basslauf ("On Top Bubble") oder mit einem klassischen Percussion-Break ("Perfect") - die billigen Elektrobeats sind leider allgegenwärtig und erinnern, ohne auch nur annähernd vergleichbare Intensität an den Tag zu legen, an Grauzones "Eisbär" oder Laid Backs "White Horse". Die Instrumentals gestalten sich an keiner Stelle wuchtig oder kompakt, sondern tönen "hausgemacht" in seiner schlimmsten Bedeutung: einzuordnen zwischen Bontempi-Orgel und Melodica.
Die Vocals sind allerdings nicht von dieser Welt. In diesem Punkt möchte ich tief den imaginären Hut ziehen: Princess Superstar macht ihrem Namen alle Ehre. Kommt sie in "I Like It A Lot" noch wie die rotzige Punk-Göre daher, zeigt sie doch bereits im folgenden "The Classroom", warum sie unbedingt zu den ausgereiftesten female MCs der Staaten zu zählen ist. Der elektronische, mit Pianoklängen versetzte Hintergrund morpht sehr schön in einen Hip Hop-Beat, während in der Klasse für "Ancient Speaking" zum Unterricht in Reimform übergegangen wird.
Princess Superstars Rap erweist sich als über jeden Zweifel erhaben; mal klingt sie ein wenig nach Missy Elliott ("On Top Bubble"), öfter wie ein weiblicher Klon Eminems ("Famous", "Quitting Smoking Song"). Ihre Reime, nicht nur perfekt vorgetragen sondern auch inhaltlich nicht zimperlich, veredeln jeden noch so dürftigen Plastiksound zu einem Hip Hop-Erlebnis. Eigenständigkeit hin oder her: Ich wage kaum, mir vorzustellen, wie diese Lady abgehen mag, über Beats, die diese Bezeichnung auch verdienen. Es muss die rockende Hölle sein. Schade.
3 Kommentare
Hab mir gestern die Limited Edition des neuen Albums von Princess Superstar gekauft. Das erste was auffällt ist die schicke Verpackung, die (in der Ltd. Edition) wie ein kleines Büchlein daherkommt (normale Ausgabe = Kunststoff-Tray). Im "Buchteil" sind ganz stylische Grafiken und Textfragmente bzw. Texterläuterungen enthalten.
Zum Kauf habe ich mich entschlossen, da in der Fachpresse schon positives berichtet wurde und viele verschiedene Einflüsse aufeinanderprallen.
Eine komplette Review schreibe ich jetzt nicht, ist vielleicht besser so
Aber auf jeden Fall kann ich sagen, dass sich der Kauf gelohnt hat. Beim ersten Hören ist man allerdings verwundert, da das Album wirklich nicht "normal" ist.
Es ist eine abgedrehte Geschichte im Jahr 3005, jeder hat mindestens einen Klon, man unterhält sich telepatisch, Schüler besuchen Klassen in Fächern wie "Ancient Speaking" (ancient entspricht 2005 ) undsoweiterundsofort. Soundtechnisch hat die Fachpresse recht, es ist wirklich kein Standard-Hiphop, eher eine Fusion verschiedener Stile. Synthies sägen, 4-tel Bassdrums treffen auf vertrackte Rhythmen. Hauptsächlich trifft man auf Hiphop- + Electro- + Dance-Elemente, was man an Beteiligungen von z.B. Armand van Helden, Boris Dlugosch sieht. Wird ne Weile dauern, bis man die CD richtig durchgehört hat. Sehr positiv.
Andere Meinungen?
nee. keine anspieltipps.
das ding funktioniert nur und ausschließlich, wenn man es sich am stück gibt, und wenn man zuhört.
Mit Anspieltipps wird echt schwer, weil eigentlich ist's eine Geschichte von vorne bis hinten durcherzählt.
Das mit dem Zuhören stimmt allerdings. War gestern bei ein paar Freunden zum Kochen (Ähem, ja) und die CD lief nebenbei. Irgendwann wurde es dann scheinbar zu viel und einer meinte (so nach dem fünften Track), er fände die Musik für "nebenbei hören" zu stressig. "Anstrengend" wars irgendwie echt, was aber nicht gegen die CD spricht