laut.de-Kritik
Hits und Britpop in Reinform!
Review von Vicky ButscherDieses Album hat seinen Titel mehr als verdient! Wenn mich jemand fragt, wie sich Britpop anhört, würde ich ihm wohl empfehlen, Pulp zu hören.
"It", "Freaks" und "Separations" wird anscheinend nicht genug "Hit"-Potenzial zugetraut, denn kein Song von den ersten Platten erscheint auf dieser Compilation. Doch von allen anderen Alben sind die Hits hier in hübsch chronologisch sortierter Reihenfolge zu finden.
Es beginnt mit "Babies" und "Razzmatazz" von der '93er Compilation "Pulpintro", das die Singles vereint, die die Band 1993 und '94 auf dem Sheffielder Label "Gift Records" rausgebracht hat. Die Songs gehen vorwärts, vom Ohr direkt über die Hüfte ins Bein. Der Mitsingfaktor ist extrem hoch, ohne dass man den Stücken billige Strukturen vorwerfen könnte. Das sind tanzbare, eingängige - oder in einem Wort: gute Popsongs. Dabei sehr sehr britisch.
"Intro" und "His'n'Hers" sind als ganze Alben für Fans, die erst mit den großen Hits von "Different Class" auf Pulp aufmerksam wurden, etwas zu schwer zugänglich und zu sperrig. Aber mit "LipGloss" und "Do You Remember The First Time?" geht es genau so uplifting weiter wie auf den ersten beiden Songs. Exakt die richtige Wahl für eine Compilation.
Und dann kam das Überfliegeralbum. Endlich zogen Pulp die verdiente Aufmerksamkeit auf sich. Die oberen Plätze den Charts waren ihre. "Common People" und "Disco 2000" hießen die Songs, die der Band des strangen Jarvis Cocker mit der sexy Stimme diesen Ruhm bescherten. Eher untergegangen sind in Deutschland dagegen die Singles "Sorted Out For E's and Wizz" ein Party-Hangover Song und "Something Changed". Eine Liebeserklärung erster Klasse, der die depressive Stimmung des folgenden Pulpalbums vorahnen, doch noch nicht in solch tiefe Abgründe blicken lässt, wie es "This Is Hardcore" tun wird.
Man braucht sich nur die Textzeilen "Help The Aged/One time they were just like you/Drinking, smoking cigs and sniffing glue ... In the meantime we try/Try to forget that nothing lasts forever" anzuschauen und man weiß, dass die Zeiten, in denen Jarvis davon sang, dass er große Schwestern beim Sex belauscht, vorbei sind. Party is over könnte man meinen. Hangover und Nachdenklichkeit sind angesagt.
Musikalisch düster, textlich räumen Pulp mit dem glamourösen Lebensstil auf. Sie scheinen nicht mehr viel von sich zu halten und suchen vergeblich nach einer Position, die sie all die Jahre vertreten könnten. Statt dessen können sie jedoch nur sagen: "Wish I could say I stood up for you/And fought for what was right/But I never did/I just wore my trenchcoat/And stayed out every single night" Doch eins können sie immer noch: wundervolle Songs schreiben, die zeigen, dass sie sich definitiv weiter entwickelt haben und doch sie selbst geblieben sind.
"The Trees", "Bad Cover Version" und "Sunrise" vom letzten Album "We Love Life" kommen danach wieder etwas fröhlicher, wenn auch sehr viel zurückhaltender als die frühen Songs. In diese Stimmung fügt sich auch das neue "Last Day Of The Miners Strike" ein.
Diese Hit-Compilation zeigt, dass Pulp vom Anfang bis zum letzten Album ihrer musikalischen Linie treu waren und es doch immer geschafft haben, ihre Musik in klar hörbaren Veränderungen weiterzuentwickeln.
Go dancing, go crying, get depressive - go GLAM!
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