laut.de-Kritik

Man gibt sich nicht mehr so plakativ sozialkritisch wie früher.

Review von

"We Love Life" ist zwar nicht ganz so dunkel wie der Vorgänger "This Is Hardcore". Es funktioniert jedoch auch nicht wie bei "Different Class" die Platte aufzulegen und sofort in Partylaune zu kommen. Hier muss man sich ein bisschen mehr Zeit nehmen: Die Musik auf sich wirken lassen, um sie dann mit dem Inhalt der Texte zu verknüpfen. Nur so können sich die Songs vollständig entfalten.

Man gibt sich lange nicht mehr so plakativ
sozialkritisch wie auf vorangegangenen Alben. Aber mit "Weeds" steigen Pulp mit einer Nummer ein, die auf soziale Ungleichbehandlungen schaut. Die Benachteiligten kämpfen nicht mehr um jeden Preis um ihre Rechte in der Gesellschaft. Vielmehr soll klargestellt werden, dass auch sie dort ihren berechtigten Platz haben.

Mit "Weeds II" scheinen Pulp textlich ihre "alten" - nach Interviewaussagen wegen lebensverkürzender Wirkung abgelegten – Verhaltensweisen aufs Korn zu nehmen. Hier fehlen die sonst vorherrschenden gitarrenlastigen Strukturen. Die Band beschränkt sich auf psychedelisch angehauchte Elektronik und die immer noch umwerfend verführerische Stimme Jarvis Cockers.

"The Night That Minnie Timperley Died" ist klar einer meiner Favoriten auf dem Album. Einfach, weil es so schön an alte "Intro"-Zeiten erinnert. Pulp in Reinform... "the world wants to sleep with you tonight...Oh yea"!!! Swing and pop the dancefloor.

"I might as well go and tell it to the trees...". Die Sinnlosigkeit des Lebens ist eines der widerkehrenden Themen auf dem Album. Beim ersten Hören der Single habe ich sie nach ca. 1,5 Sekunden angewidert aus dem Player geworfen. Diese geballte Langeweile soll der Vorbote der neuen Pulp sein? Inzwischen liebe ich diesen Song. Wegen der auf den Punkt gebrachten Streicher und der oben zitierten Textzeile. Ein ähnliches Thema greift "I Love Life" auf: Ich bin zwar nur am Leben, weil meine Eltern mich mal in die Welt gesetzt haben. Aber es gibt ja Kleinigkeiten, über die ich mich freuen kann. Und wer jetzt denkt, diese Aussage wäre reiner Sarkasmus des Herrn Cocker: Weit gefehlt. Er besteht darauf, dass diese Platte durch und durch ernst gemeint ist. Sogar das Vogelzwitschern auf "The Birds In Your Garden" ist ohne Augenzwinkern auf dem Album gelandet. Beide Songs lassen Ähnlichkeiten zu Stimmungen auf älteren Alben erkennen.

Etwas aus dem Rahmen fällt "Wickerman". In Storyteller-Manier erzählt Jarvis in einem Acht-Minuten-Epos die Geschichte einer verflossenen Liebe. Dabei erinnert er ein wenig an Belle and Sebastians "A Space Boy Dream".

Viele Stücke lassen in Stimmung und Arrangement deutlich die Zusammenarbeit mit Scott Walker (sein Debut als Produzent) erkennen. Ein rundes Album mit kritischen, sarkastischen und dramatisch-melancholischen Texten. Auch wenn die Songs streckenweise ein wenig vor sich hinzuplätschern drohen - "We Love Life" bietet doch immer wieder Abwechslung und eingängige Popstücke. So wie man es seit jeher von Pulp in ihrem ganz eigenen Popuniversum gewöhnt ist.

Trackliste

  1. 1. Weeds
  2. 2. Weeds II
  3. 3. The Night That Minnie Timperley Died
  4. 4. The Trees
  5. 5. Wickerman
  6. 6. I Love Life
  7. 7. The Birds In Your Garden
  8. 8. Bob Lind (The Only Way Is Down)
  9. 9. Bad Cover Version
  10. 10. Roadkill
  11. 11. Sunrise

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