laut.de-Kritik

Die letzten Tage der Menschheit brechen an ...

Review von

Wer dachte, dass Maschinen irgendwann unsere Spezies ersetzen, wird jetzt endlich eines Besseren belehrt. Nicht die konstant fortschreitende Technologisierung unserer Welt muss einem Angst machen, vielmehr entpuppen sich nun die kleinen niedlichen Dinge als der wirkliche Feind. Aus Berlin schreitet unaufhaltsam ein Haufen Handpuppen heran, um die Menschen endgültig und verdienterweise vom Thron der Erde zu stoßen. Als Waffen dienen ihnen dabei ausschließlich durchgedrehte Electro Beats und freshe MCs, die jedem peinlichen humanoiden Goldkettchenträger ordentlich den ungeschützten Boxershorts-Hintern versohlen.

Dass infantil sein geil ist, wusste man ja schon lange. Neu ist, Infantilität in Coolness zu verpacken, und verdammt großartig nebenbei. Mit ihren Reim-Schemata für 5-Jährige (allen voran dem cool-nervenden "Misses Misses Bumblebee ...") rockt eine Puppenschar auf LSD unter streng old-schooligen Beats das Kinderzimmer ("Re-Evolute") genau so durch, wie den Stylo-Sekttrinker-Club ihrer Heimatstadt Berlin. Die Puppetz sind ein Spielzeug, freigegeben von 5 - 99 Jahre, und haben schon auf ihrem Debüt-Album Hits am Start, an denen einige ihrer menschlichen Konkurrenten sich noch eine Weile hoffnungslos die Zähne ausbeißen dürften. "Pet Sounds" und "Zoology" kommen mit arschtrockenen Beats aus der Frickelkiste und einer Melodie, die sich so im Gehirn festbeißt, dass der Kopf nur noch jubelnd Nicken kann.

Auch wenn die Puppen noch nicht Hit an Hit reihen und tiefgreifende Überraschungen fehlen, sind sie doch originell und witzig genug, um eine absolut empfehlenswerte Platte zu veröffentlichen. "Creature Funk" und sein Zappel-Hip-Hop ist bestimmt nicht für die Ewigkeit, aber im Augenblick genau das Ding, dass man noch nicht mal in ähnlicher Form im Plattenschrank stehen hat. Sollten die Puppetz bei einem zweiten Streich noch einige Schwachstellen (z.B. die etwas zu gefällig linkes-Ohr-rein-rechtes-Ohr-raus-Stücke wie "Romance" oder "Goodbye") ausradieren und in Punkto Qualität die musikalische der visuellen Seite - die schon jetzt kaum zu übertreffen ist - anpassen, muss man anfangen, die letzte Tage der Menschheit zu zählen. Das düstere "Humans Get All The Credit" ist da nur der Anfang. Wer daran zweifelt, sollte sich das Ganze auf der Bühne zu Gemüte führen, denn mit diesem verdrogten Kasperle-Theater können die Puppetz nur sich selbst schlagen. Menschheit, geh schon mal deine Koffer packen.

Trackliste

  1. 1. Pet Sound
  2. 2. Troublicious Two
  3. 3. Zoology
  4. 4. Expect This, Get This
  5. 5. Ms Bumblebee
  6. 6. Golden Center
  7. 7. Hip Hop Police
  8. 8. Re-Evolute Skit
  9. 9. Re-Evolute
  10. 10. Shellfish
  11. 11. Stories
  12. 12. Puppet Factory
  13. 13. Humans Get All The Credit
  14. 14. Romancer
  15. 15. Planet Booty
  16. 16. Goodbye

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