laut.de-Kritik
Rocky Horror Pictures der besonderen Art.
Review von Michael SchuhZur Veröffentlichung des vierten Queens Of The Stone Age-Albums hat die Plattenfirma Wolfs- und Schafsmasken als Promotion-Gag anfertigen lassen. Das Outfit muss einem als Fan nicht peinlich sein, wenn selbst Josh Homme und Kollegen solchen Unfug überstülpen, wie man im Booklet betrachten kann (den Lupus spielt dort übrigens die von aktuellen Pressebildern bekannte Großmutter).
Aber der Reihe nach: Wer verspeist hier wen? Fakt ist, dass Omi zwar Schnittchen spazieren trägt, die neu formierten QOTSA-Power Rangers Josh Homme, Troy Van Leeuwen (g) und Joey Castillo (dr) zum Glück aber trotzdem noch hungrig klingen, teilweise wie gehabt böse und haarig, neuerdings jedoch verstärkt romantisch. Den Bezug zur Tierwelt liefern dabei die Texte, in denen Wölfe, Blut und Hexenverbrennung eine existenziell-dunkle Reise versprechen. Rocky Horror Pictures der anderen Art.
Passend dazu ist das Cover pechschwarz gehalten, so schwarz wie die einsame Nacht, nur ein kleiner Junge hält als Lichtquelle mit devotem Blick ein Windlicht. In welche Fratze der Arme blickt, kann man anhand der fünfzehn paralysierenden Wiegenlieder nur erahnen. Den ruhigen Auftakt "This Lullaby" brummt Halb-Teil-Halb-Vollzeit-Bandmitglied Mark Lanegan, bevor im Anschluss der Chef ran darf. Und ja: Josh Hommes hohe Kunst der Melodieführung frisst einen erneut mit Haut und Haaren. "Medication" ist ein schöner Flashback zum QOTSA-Debüt, ein geradliniges, peitschendes Stück Robot Rock, aus einer Zeit übrigens, als dieser Begriff noch nicht mit dem Sound zweier Elektro-Fuzzis aus Frankreich assoziiert wurde (allerdings tragen sie auch Masken!).
Beim Single-Anwärter "Everybody Knows That You're Insane" tasten wir uns dann endlich zum meist diskutierten Themenkomplex vor, ist "Lullabies To Paralyze" doch seit langem mal wieder ein Album ohne ihn, Nick Oliveri, das schwarze Schaf quasi, um in unserer Metaphorik zu bleiben. Deshalb kurz und schmerzlos: Der von Torero Homme unter zahllosen "Ahhs" und "Ohhs" aus der Q-Arena hinaus komplimentierte Bass-Bulle fehlt auf vorliegendem Werk an keiner Stelle, so gerne er sich das derzeit auch medienwirksam wünscht. Der balladeske, mit spacigem Gitarrenlauf verzierte Charakter "seines" Songs erlischt abrupt nach der ersten Strophe, wenn die eigentliche Message unter lautem Hufgetrappel ihren Adressaten sucht.
In ZZ Top-Mann Billy Gibbons hat Josh Homme mittlerweile sogar einen Mann gefunden, der ein noch gewaltigeres Bartmodell bevorzugt. Der reichlich Wüstenstaub aufwirbelnde Todes-Blues "Burn The Witch" zeigt Gibbons heiser mit Lanegan im Duett krakeelend. Kennzeichnete "Songs For The Deaf" vor allem eine unbändige Wucht, die sicher nicht ohne die Präsenz von Dave Grohl hätte entfacht werden können, wirkt "Lullabies To Paralyze" reduzierter im Ansatz, anfangs noch zäh, stellt in zunehmendem Maße aber einen noch emotionsgeladeneren Ritt durch die schrankenlosen Vorstellungswelten eines Musiker-Dreigestirns dar.
Brachial ist zweifellos die Heavy Metal-Oper "Someone's In The Wolf" geraten, als zentral platziertes Sieben-Minuten-Monster obendrein Fixpunkt des Albums, mit einem wehklagenden Homme ("So glad you could stay forever") und einem Acid-Mittelteil, der in abgedunkelten Räumen für die panische Suche nach dem Lichtschalter sorgen dürfte. Paralyze! Diesen Ausflug in hartes, stacheliges Gestrüpp (ebenso das gallige "Skin On Skin") hätte man der Band allerdings auch schon 2002 zugetraut.
Was dieses neue Album so großartig macht, sind vor allem die romantischen und mächtig verdrogten Trips, in denen Homme sein Talent als Songwriter eingängig-hintergründiger Popsongs auf ein neues Level hebt. In "I Never Came" singt er sich in einen wahren Rausch, lässt sein Organ Höhen erklimmen, die nur einem Frusciante vorbehalten schienen, während in "Long Slow Goodbye" schon seine nur mit Schellenkranz und leiser Gitarre begleiteten Eingangszeilen "Where have you gone again my sweet?" Schaueralarm auslösen. Solche Momente lassen schnell vergessen, dass "In My Head" als "Go With The Flow"-Nachfolger nicht ganz so gut abschneidet, und von der Single "Little Sister" wohl vor allem das sehr gewagte finale Gitarrensolo in Erinnerung bleiben wird.
Zu entdecken gibt es genug Aufregenderes: In "You Got A Killer Scene There, Man ..." heult Josh waidwund den Mond an, als säße er gefangen in der Höhle eines Menschenfressers im tiefen Wald gefangen, wie es der "8 Frauen"-Regisseur François Ozon in "Ein kriminelles Paar" einst ähnlich schauerlich inszenierte. Die nach Eagles Of Death Metal-Art inszenierte musikalische Reduktion mit Mut zum Handclap- und Cowbell-Einsatz tun ein Übriges, um im QOTSA-Sounduniversum ein neues Tor aufzustoßen. Die Desert Session For The Masses kann auf der Limited Edition anhand einstündiger DVD (Interviews/Studio/Videos) nachempfunden werden. This Blood Is Love!
8 Kommentare mit 2 Antworten
Extrem geiles Album, aber ereicht meiner Meinung nach nicht ganz die Qualität der alten Alben
Das vorherige Album fand ich auch ein wenig besser. Aber trotzdem fett. Wann kommt nochmal genau das neue Album raus? o.O
erste hälfte ist stark, danach flacht es ab
@Donalds Pürzel (« @ArcticME (« Extrem geiles Album, aber ereicht meiner Meinung nach nicht ganz die Qualität der alten Alben »):
...und schon gar nicht die Qualität der guten alten KYUSS-Alben »):
Wobei ich auch nur von Sky Vally angetan bin^^
Aber ich bin auch net gerade der Meinung, dass dieses Album gegen End ehin abflacht
@Donalds Pürzel (« @ArcticME (« Extrem geiles Album, aber ereicht meiner Meinung nach nicht ganz die Qualität der alten Alben »):
...und schon gar nicht die Qualität der guten alten KYUSS-Alben »):
Wobei ich auch nur von Sky Vally angetan bin^^
Aber ich bin auch net gerade der Meinung, dass dieses Album gegen End ehin abflacht
Eindeutig ihr bestes Album
Wo die Aussage habe ich zu diesem Album noch nie vernommen.
Aber jeder Jeck ist anders, wa.
"Dies ist mein persönliches Lieblingsalbum der QOTSA!" - keine Einwände.
"Eindeutig ihr bestes Album" - Gerade bei einer Band, bei der sich das anhand der bisherigen Diskografie so eindeutig bestimmen lässt wie bei QOTSA, ist es DAS HIER eindeutig NICHT.