laut.de-Kritik
Die besten Emcees Europas rappen mit dem besten Produzenten aller Zeiten.
Review von Stefan Johannesberg"The World According To RZA". Doch nicht der ganze Erdball stand mit dem Wutang-Produzenten im Studio, sondern ausschließlich die besten Emcees des europäischen Kontinents durften im Sommer 2001 über die unglaublich variablen Beatgerichte der Legende rappen. Trotz der Einschränkung und der zweijährigen Verzögerung reißt das einzigartige Projekt natürlich noch immer sämtliche Mauern nieder, die Leute fälschlicherweise in ihren Köpfen aufgebaut haben. "Many People Claim Hip Hop Belongs To Westcoast Or The Eastcoast Or That There Is US-Hip Hop Or European Hip Hop. But I Say There Is Only One Hip Hop. The Soul Of Our Generation."
Dass der RZA neben dem weltweiten Missionarsauftrag auch über ein gehöriges Maß an Selbstironie verfügt, zeigt das Intro. Wu-Fans, vergesst die seltsame, deutschsprachige Eröffnung des "RZA As Bobby Digital In Stereo"-Albums. Hier rauscht der Kulturaustausch. RZA-Managerin Eva Ries flucht über ihren ewig zu spät kommenden Klienten wie eine junge Lil' Kim. Als Fundament wechseln sich im Hintergrund Mörderbeats und traurige Klaviertöne kongenial ab. Großes Kino, das mit dem Abflug des RZA zur ersten Studiostation in Schweden endet.
Angekommen in skandinavischer Kälte erliegt Rapperin Feven dank des straight-synthetischen Bobby Digital-Beats erst einmal einer aggressiv-gereimten "Rap-Heartattack", während sich Kollege Petter in Landessprache erfolgreich mit gewohnt-dunklem Wutang-Stuff herumschlägt. Zum Höhepunkt des Abstechers ins Land der Wallanders und Wislanders avanciert jedoch "On Tha Ground", der den "Triumph"-Track vom "Wutang Forever" so alt aussehen lässt, wie er wirklich ist. RZA rockt zum ersten Mal selbst das Mic. Zum Abschluss geht es dann mit dem spanischen Norweger Diaz noch zum bekifften Whale Watching auf der "North Sea". "Oh, I See Moby Dick. Shit."
Direkt von der Nordsee schippert der RZA-Tross in die französische Hauptstadt zur beatboxenden und freestylenden Saian Supa Crew. "Die Jungs erinnern mich an den Clan früherer Tage und haben mir die ursprüngliche, unverfälschte Liebe zurückgegeben", so der Starproduzent. Als Beweis groovt das hymnenhafte Ergebnis mit dem Ghostface Killah in atemberaubender Geschwindigkeit sommerlich-frisch über die Seine. Und da das Ambiente so nett ist, verweilen der Rza und U-God noch mit dem ähnlich rasanten "Please, Tends L'Oreille" bei der Spoken Words-Actrice Bams.
Danach folgt der Gang in die düsteren Ghettos von Paris, wo bereits der senegalesische Old School-Veteran Passi wartet, um über eine 80er Jahre Rockharmonie im Synthie-Gewand seine cleveren Rhymes zu droppen. Den krönenden Abschluss der Frankreichreise bildet die heißersehnte, langerwartete Traumkollabo von RZA und IAM, der Supergruppe aus Marseille. Der Maestro und die IAM-Kollegen veredeln ein an Primos "Mass Appeal" erinnerndes Beatgerüst und die melancholischen Streicherzusätze im Refrain mit wahrhaftig großen Raps. All Time-Klassiker oder Evergreen nennt man das wohl.
Zur Entspannung der rap-geschädigten Gemüter lädt Xavier Naidoo den RZA zum relaxten Soul Food nach Mannheim ein. Im Stile der 70er Jahre erweckt Xavier zusammen mit Deborah Cox bei "Souls On Fire" den Geist großer Duette à la Marvin Gaye und Diana Ross wieder zum Leben. Entweder man hasst den Naidoo oder man liebt ihn: hier kann man ihn nur lieben. Zwiespältiger sieht es dagegen schon beim zweiten Feature des Sohnes Mannheims aus, da "Ich Kenne Nichts" auch gut auf dem "Zwischenspiel"-Album hätte erscheinen können.
Doch genug des schmalzig-deepen Souls, ein paar von Deutschlands besten Emcees stehen bereit, um bitte zu spitten. Den Anfang macht unser Liebling Curse, der auf "Ich Weiß" tight wie gewohnt über einen Part des "Iron Flag"-Instrumentals fließt wie Durchfall. Auf gleich hohem Niveau dreht die Optik Crew um Kool Savas, Eko und Valezka im "Hotel" ihre Battle-Runden. Dann zeigt das "Black Star Line-Up" aus Afrob und Sekou alte Rza-Stärken. Ein krachig-brutaler Beat walzt mit Flöten, Violinen und Bürgerrechtler-Rede afrikanisch durch die Republik. Als Deutschland-Absacker fungieren auf "Uzathan Gelen Ses" Germ, Bektas und Fuat, wobei Letztere so wütend türkische Raps ins Mic rotzen, als ob die USA die Türkei und nicht den Irak angegriffen hätten.
Es folgen kurze Abstecher nach Großbritannien und Italien, von denen besonders das brüchig-minimalistische Elektro-Inferno "Boing Boing" mit Skinnyman, Blade und Mr. Tibbs in gesegneter Erinnerung bleibt, aus der dieses grandiose Album so schnell nicht mehr verschwinden wird. Die Neptunes hoben den RZA nach eigenen Aussagen auf den Thron des besten Produzenten aller Zeiten. Die Vielseitigkeit dieses Werks versteinert ihn dort. Auch wenn Premiers Bassdrum mehr kickt, Dres Streicher groovender jubilieren und Timbaland seine Synthies besser beherrscht, diese Hülle und Fülle an Sounds, Beats, Styles und Ideen kann kein andere aufweisen. There Is Only One RZA.
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