laut.de-Kritik
Nach 16 Jahren endlich wieder Synthie-Kraut-Pop-Alarm.
Review von Jasmin LützEinmal Top of the Pops, immer Top of the Pops. Da würde auch Eddie Argos von Art Brut sofort zustimmen, denn er ist ein bekennender Fan von Robocop Kraus. "Fake Boys" war 2003 die fucking Indie-Hymne und alle anderen Hits funktionieren auch heute noch wunderbar auf der Tanzfläche. Dies konnte man bereits im April 2022, pünktlich zum 25. Jubiläum des Kölner Plattenladens Underdog Records selbst testen. Da gab es bereits ein Live-Wiedersehen mit Robocop Kraus. Eine erste große, präpandemische Tanzparty mit schweißnassen Menschen, die glücklich zu jedem Song dieser Band hüpften und jubelten.
Jetzt sind Robocop Kraus ohne "The", aber mit einem neuen "Smile" voller Dramatik und Dynamik wieder am Start - 16 Jahre nach "Blunders And Mistakes". Wie damals sitzt der Opener "Young Man" gleich wieder voll in den Gehörgängen. Die geballte Energie und der typische Robo-Sound sind noch da, wie schon die erste Single "On Repeat" belegte. Schmissige Melodien, treibende Beats, Synthie-Kraut-Pop-Alarm. Herrlich.
Nicht alles ist immer Gute Laune und Partyhausen. Das ruhige "World/Inferno" ist dem verstorbenen Sänger der Punkrock-Band The World/Inferno Friendship Society aus Brooklyn gewidmet. Der Gitarrensound lädt aber dennoch zum Tanzen ein. Eng umschlungen trifft man sich dann bei "All The Ideas". Back to the 1980s ist nicht immer nur Schulterpolster-Schnulze, sondern kann auch cooler New Wave-Style sein. Alte Vergleiche mit Bands wie Franz Ferdinand oder auch The Make Up kamen nicht von ungefähr. Zwischen schottischem Indie-Rock und amerikanischem Post-Punk.
Da reiht man sich auch als mittelfränkische Popband gerne ein ("What I Wanted"). Letztendlich verrät der Akzent die eigentliche Herkunft. Das ist aber nicht so wichtig, denn auch der englischsprachige Raum mag Robocop Kraus. Sie bespielten schon Bühnen in Europa, USA und Großbritannien. Aber das nur am Rande.
"Cradle Of Filth" ist einer dieser Popsongs, wo es inhaltlich zwar um eine Begegnung mit einer Metalband geht, musikalisch erinnert man sich allerdings an Bands wie Readymade oder Naked Lunch. Ich steh auf Berlin? Nö, Hersbruck, Alta! So klingt die Neue Deutsche Welle 2023: "Under Control". Frisch und munter, trotz nostalgischen Ausbrüchen, quer durch die Gitarrenmusik. Zum Schluss dann noch der Abriss mit "The Foul Stench Of Our Time". Eine kleine Erinnerung daran, dass Robocop Kraus ursprünglich ja aus der Hardcore-Punk-Szene stammen. Für immer DIY!
Produziert hat die Platte übrigens Jan Philipp Janzen. Auch bekannt als Schlagzeuger bei Urlaub in Polen und Die Sterne. "Smile" ist ein gelungener Ritt durch die Vergangenheit, verbindet Herz und Bein in der Gegenwart und beschwingt das Indie-Gemüt für die Zukunft. Einmal Indie, immer Indie und live sollte man Robocop Kraus ebenfalls nicht verpassen.
3 Kommentare mit einer Antwort
Gefällt mir gut. Danke Frau Lütz.
Der ehrenwerte Jan Philipp Janzen ist übrigens auch Mitglied der ehrenwerten Band Von Spar. Krasser Kerl.
Ich will eine neue Platte der Leopold Kraus Wellenkapelle. Oder die Vinyl von der Alten… gib gib
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
Schöne Platte!
War 2018 oder so eins der besten Konzerte meines Lebens, ohne dass ich einen einzigen Song kannte. Hab dann versucht, die Diskographie nachzuhören, aber irgendwie hab ich keinen Bezug dazu gefunden. Die neue ist mir auch etwas zu glatt produziert, macht aber großen Spaß.