laut.de-Kritik
Der Ex-Punker wandelt auf düsteren Folk-Wegen.
Review von Giuliano BenassiMundharmonika, Gitarre, Schlagzeug, Orgel – das sechste Soloalbum des in Seattle lebenden Texaners Rocky Votolato beginnt recht unvermittelt, zeigt aber auch, dass er einen neuen Weg eingeschlagen hat. Begleitete er seine heisere, unemotionale Stimme davor lediglich mit den minimalistischen Einlagen einer Akustikgitarre, entdeckt er nun das Bandgefüge wieder, das er nach seinen Anfängen als Sänger der Punk-Combo Waxwing in den 90er Jahren hinter sich gelassen hatte.
Während die Begleitung nun rhythmisch betonter ausfällt, vermitteln Votolatos Texte nach wie vor ein düsteres Weltbild. "Auf dem Weg zurück von einem Ort ohne Rettung / Erneut mit blutenden Handrücken / In einen Kampf verwickelt, den ich nicht gewinnen kann / Zerschlagene Hände, eine kaputte Nase und zehn Jahre auf dem Boden einer Flasche / Hilfst du mir, den Weg nach Hause zu finden?" dichtet er etwa im Opener "Lilly White". Deprimierende Bilder, die sich in allen Stücken wiederfinden, geprägt von Alkohol, Gewalt, Rastlosigkeit und einer verzweifelten Suche nach dem Sinn des Lebens, der ständig entweicht.
Um passive Sterbebegleitung handelt es sich bei "The Bragg & Cuss" allerdings nicht. Musikalisch erinnert das Album an Bob Dylan mit E-Gitarre ("The Wrong Side Of Rheno"), Chris Isaak ("Your Darkest Eyes") oder Stephen Duffy ("Silver Trees"). Die poppigen Elemente der letzten zwei fehlen hier aber gänzlich. Eher country-folkig als rockig, zeigt sich Votolatos Punk-Vergangenheit darin, dass er seine Akustikgitarre nicht zupft, sondern Akkorde spielt. Ein weiteres prägendes Element ist die Orgel, die den Kompositionen einen Hauch von The Band verleiht.
"Warum rennst du immer weiter / Dein Schritt ist hastig, aber du näherst dich nicht dem, was du zu suchen dachtest / Alles ändert sich / Und nun fehlt etwas anderes", stellt Votolato in "Whiskey Straight" fest. Während sich die Ich-Erzähler in seinen Stücken ständig in den Schwanz beißen und nicht in der Lage sind, sich aus einem Teufelskreis aus Verzweiflung und Selbstmitleid zu befreien, klingt die Musik stellenweise schon fast fröhlich. Ein Kontrast, der dem Album seinen Reiz verleiht, wobei gerade "Whiskey Straight" mit seiner einfachen Instrumentierung das vielleicht beste Stück darstellt.
"'The Brag & Cuss' wird Freunde unter denen finden, die zu lange weg waren, zu viel gesoffen haben oder kämpfen mussten, um nicht am Steuer einzuschlafen", erläutert das Label treffend.
2 Kommentare
für mich das beste album des vergangenen jahres. ich kriege nicht genug von rocky balb... äh votolato
ach das muss ich mir ja mal zulegen