laut.de-Kritik

Schade um Roots Manuvas Stimme und sein unverkennbares Rap-Talent.

Review von

"Sein bestes Album seit 'Run Come Save Me'", versprechen sie bei Big Dada. Wenn nicht gleich "sein bestes überhaupt". Dass der Job einer Plattenfirma unter anderem darin besteht, das jeweils aktuelle Produkt anzupreisen wie Sauerbier, wissen wir ja längst. Doch müssen sie das Maul immer gleich bis zum Anschlag vollnehmen?

Die Messlatte liegt, dank der beiden grandiosen Vorgänger "Duppy Writer" und "Slime & Reason" auch ohne Promo-Sprücheklopferei schon hoch genug. "Run Come Save Me" brennt auch nach zehn Jahren Dauerrotation noch ungebrochen auf dem Plattenteller.

Dabei hätte man sein Publikum gar nicht gewaltsam mit den Nasen auf Roots Manuvas vergangene Großtaten stoßen müssen. Schon der erste Hördurchlauf genügt leider, um "4everevolution" alt aussehen zu lassen. Die folgenden vertiefen die sich ausbreitende Enttäuschung nur noch.

Mit an einer verstümmelten Hand abzählbar vielen Ausnahmen kommen die Nummern einfach nicht aus dem Quark. Immer wieder möchte man einem Track mit Anlauf in den Arsch treten, um ihn endlich in die Gänge zu bekommen. Hat Rodney Smith etwa eine Wette abgeschlossen? "Wetten, dass ich ein ganzes Album lang jedem einzelnen Titel die Dynamik rauben kann?"

Schade um die gewohnt gelungenen Grooves, um die funky quakenden Gitarren aus "Watch Me Dance", um die im Grunde spannende Kluft zwischen brummeliger Basis und luftigen, karibischen Melodien in "Wha' Me". Schade um die geisterhafte Stimmung in "Takes Time To" oder den an "Revelation" verschleuderten Filmmusik-Charakter. Bitter schade um Roots Manuvas Stimme und sein unverkennbares Rap-Talent.

Zu oft wollen die verschiedenen Bestandteile der einzelnen Tracks einfach nicht zueinander passen, berauben sich gegenseitig ihrer Wirkung. Einfach nur überfrachtet wirkt, wenn Skunk Anansies Skin in "Skid Valley" willkommen heißt und zu der kompletten Bandbesetzung dann auch noch Streicher quer über díe hallenden Elektroklänge schaben.

In "Revelation" wirken die Streicher ähnlich deplatziert. Der Mädchen-Background-Gesang entführt "Beyond This World" in die totale Harmlosigkeit, auf den Bläsern liegt viel zu wenig Gewicht. Es knarzt der Bass, es treiben lockere Drums, ein deutlich jamaikanischer Anstrich färbt "Go Champ". Das seichte Party-Sound-Gewand mag die Nummer, wie auch "Get The Get" oder "First Growth", trotzdem nicht abstreifen.

Es entwickelt sich nichts bis verschwindend wenig. Wo nicht schon das ganze Beat-Gerüst in zäher Transusigkeit stecken bleibt, sorgen - wie in "In The Throes Of It" - die einsetzenden Vocals für schier Fäden ziehende Zähigkeit. Dass es unter dem zugehörigen Videospielsound wundervoll wie heißer Vanillepudding blubbert, rettet den Gesamteindruck dann leider auch nicht mehr.

Einzig "Here We Go Again" hält, was Roots Manuvas bisheriges Schaffen eigentlich verspricht: Als hätten sich Roboter trotz schwächelnder Batterien einen Disco-Ausflug in die blechernen Köpfe gesetzt, wabert der schräg leiernde Elektro-Sound zwischen Synthie-Claps umher. Doch ein Hit und etliche gute, aber verschenkte Ansätze - das reicht weder zur Re- noch zur Evolution. Nie und nimmer. Sorry.

Trackliste

  1. 1. First Growth
  2. 2. Here We Go Again
  3. 3. Skid Valley
  4. 4. Who Goes There?
  5. 5. Watch Me Dance
  6. 6. Revelation
  7. 7. Wha' Mek
  8. 8. Takes Time To
  9. 9. Beyond This World
  10. 10. Go Champ
  11. 11. Get The Get
  12. 12. Crow Bars
  13. 13. In The Throes Of It
  14. 14. Noddy
  15. 15. Much Too Pluch
  16. 16. The Path
  17. 17. Banana Skank
  18. 18. Snakebite
  19. 19. Bust It

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Roots Manuva

Bei der Frage nach Hip Hop aus England blickte man lange Jahre in ratlose Gesichter. Zwar bildet der Inselstaat die Heimat einiger bedeutender Bands aus …

2 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Das Album ist wirklich kakke, schade drum. Ich war nach dem ersten Durchgang genauso enttäuscht wie Dani. Dennoch finde ich "Who goes There" ziemlich cool, auf früheren Alben wärs aber einer der schwächeren Tracks gewesen. Überhaut rapt er kaumnoch, sondern singt eher, was er ganz schnell lassen sollte,steht ihm uberhaupt nicht.

  • Vor 12 Jahren

    Schon das Cover ist uninspiriert :(. Neee da überleg ich noch ne weile, ob ich mir das zulege...