laut.de-Kritik
Der Blonde setzt ein Rock-Statement.
Review von Robert FröweinLöwenmähnen-Träger Sebastian Bach hat in seinem Leben ja schon viel Scheiße fabriziert (der Rauswurf bei Skid Row, die Teilnahme bei den Gilmore Girls oder seine Freundschaft mit Oberdiva Axl Rose), aber was dem stimmgewaltigen Sänger von den Bahamas unlängst passiert ist, wünscht man nicht einmal seinem größten Feind. Hurrikan Irene hat Bastis Haus in New Jersey überflutet und dabei nicht nur diverses KISS-Memorabilia zerstört, sondern auch seine gewaltige Sammlung an Musikzeitschriften und exklusives Skid Row-Material vernichtet. Das zweite Album unter seinem Solonamen indes, marktschreierisch "Kicking & Screaming" getauft, hat Bach schon vor seinem erzwungenen Umzug nach Kalifornien eingetütet.
Axl hat er diesmal nicht an Bord, dafür darf Rob Zombie-Gitarrist John 5 beim Powerstampfer "TunnelVision" die Gitarrenlinien einspielen. Ansonsten ist auf "Kicking & Screaming" alles aus Sebs Feder. Gitarre und Bass hat der gerademal 21 Jahre alte Nick Sterling gespielt, die Felle gerbt Riot-Schlagwerker Bobby Jarzombek. Führend ist aber die Stimmgewalt von Bach, der bereits den rifflastigen Opener "Kicking & Screaming" mit seinem rockig-rauen Timbre veredelt. Den Drive des ersten Songs hält das Album leider nicht durchgehend, denn mit fortdauernder Spielzeit nutzen sich die Ideen deutlich ab. Bereits "My Own Worst Enemy", das partiell mit einem abgehackten, fast schon punkigen Rhythmus ausgestattet ist, lebt eigentlich rein von Sebs durchschlagender Röhre, weil die Instrumentierung zu beliebig klingt.
Bach hat das große Problem, dass er an sich gut durchdachte Soundstrukturen zum Refrain hin meist durch den klebrigen Mainstream-Honig zieht, was die Qualität leiden lässt. Das passiert etwa beim durchaus flotten Blues-Rocker "Dance On Your Grave", beim druckvollen Partystampfer "Dirty Power" oder beim etwas zahnloseren "Live The Life". Dabei können Bach und seine Mannen durchaus locker-luftig rocken, wenn sie denn nur wollen. Das vor allem stimmlich irrsinnig beeindruckende "Caught In A Dream" oder das metallisch wildernde "Lost In The Light" sind gute Beispiele für funktionierendes Songwriting. Da kann man auch leichter verschmerzen, dass Bach mit der Karies verursachenden Ballade "I'm Alive" oder dem Schema F-Song "As Long As I Got The Music" Austauschbares auf das Album presst.
Sebastian Bach ist mit "Kicking & Screaming" ein mehr als solides Hardrock-Album gelungen, das musikalisch irgendwo zwischen Skid Row, Aerosmith und Guns N' Roses wildert und vor allem mitd er kräftigen Vokalleistung des Blonden zu überzeugen weiß. Trotzdem hätte er sich nicht nur den einen oder anderen seichten Song sparen können. Auch die Produktion von Bob Marlette klingt glattgebügelt und identitätslos. Ein neuerliches "Slave To The Grind" wird Bach ohnehin nie mehr gelingen, aber im Hardrock-Sektor ist sein Werk zumindest erstligatauglich.
1 Kommentar
oh mann, gilmore girls... da war sogar the osbournes weniger peinlich.