laut.de-Kritik

Gefangen in der House-Wartschleife.

Review von

Als Phil Connors am 2. Februar erwacht, ist er mies gelaunt. Er befindet sich in Punxsutawney, Pennsylvania, im Radio läuft "I Got You Babe" und dann ist er auch noch dazu gezwungen, einen Bericht über die örtliche Tradition des Murmeltiertags zu drehen. Richtig übel wird die Situation jedoch erst dadurch, dass Connors immer wieder an besagtem 2. Februar erwacht – er befindet sich in einer Zeitschleife.

Es ist nicht verbürgt, ob Marcus Lambkin aka Shit Robot ebenfalls in einem Szenario gefangen ist, das an den Plot des Klassikers "Und Täglich Grüßt Das Murmeltier" erinnert. Sein drittes Album "What Follows" legt jedoch den Verdacht nahe, dass sich der im schwäbischen Exil lebende Ire in Wirklichkeit irgendwo in den Achtzigern aufhält, vielleicht in Chicago, jedenfalls in einer Stadt, in der House die Clubs beherrscht. Sollte dem so sein, fühlt Lambkin sich im Gegensatz zu Connors immerhin wohl und äußert sein Behagen in Form musikalischer Grußkarten in die Gegenwart.

Mehr noch als zuvor fügt er auf "What Follows" Versatzstücke aus jener Zeit zusammen, als House und Techno sich gerade ausprägten und sich elektronische Musik zu elegischen, tanzbaren Tracks formte. Die neuerliche Hinwendung des Produzenten vom Computer hin zum analogen Syntheszier stützt diesen Retrocharakter noch weiter: Lambkin tritt hier als fingerfertiger Handwerker auf, der weiß, wo es welchen Effekt braucht, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. So fungiert der Opener "In Love" als optimale Einstimmung, mit den repetitiven Vocals des Hot Chip Frontmanns Alexis Taylor, die sich auf einem zum Dösen einladenden Bett aus Bass und Beat platzieren.

In diesem Modus spielt sich das gesamte Album ab, die Songs sind ausgedehnt, bewegen sich in Schleifen und klingen wie eine einzige Reminiszenz an die Ursuppe der modernen Dance-Music. Dabei zitiert Lambkin sich sogar selbst, alleine durch die Wahl seiner Gäste: Taylor steuerte bereits Vocals zum Debüt "From The Cradle To The Rave" bei, während Nancy Whang von LCD Soundsystem gleich auf beiden bisherigen Shit Robot Platten vertreten war.

Im Rahmen ihrer aktuellen programmatisch betitelten Kollaboration "Lose Control" zuckt Whangs Stimme über einen wibbeligen Bass und sorgt damit für einen der wenigen Energieschübe des Albums. Selbst hier driftet Lambkin jedoch nicht in jene mühselige Poppigkeit ab, die den Vorgänger "We Got A Love" teils so anstrengend machte: Beim Hören hatte man damals stets das Gefühl, die Platte wollte cleverer, eingängiger, vielleicht auch einfach zeitgemäßer sein, als sie tatsächlich war.

Für "What Follows" zieht Lambkin sich wieder in seine Komfortzone zurück, was zwar für wenige Überraschungen sorgt, aber eben bis auf wenige Ausfälle mit einem Händchen für Sounds und Stimmungen zu unterhalten weiß. Einer der seltenen Ausrutscher ist "Wir Warten", das stark nach ins Unendliche gelooptem, retrofuturistischem Gameshow-Jingle klingt. Es bleibt zum Glück das einzige wirklich missglückte Experiment dieses Albums.

Die besten Momente zeichnen sich hingegen durch eine gewinnbringende Variation bekannter Muster aus: Das Spoken-Word-lastige "Is There No End" erinnert in seiner Strenge etwa angenehm an Underworld, während "Phase Out" mitsamt verfremdeter Vocal-Samples und hallender, doch nicht minder druckvoller Basslinie in Richtung Deep House schielt, dabei aber eine ganz eigene, synästhetische Dreidimensionalität entwickelt.

Mit der Zeit fühlt man sich von "What Follows" trotz aller netter Ideen in einen leichten Dämmerzustand versetzt, der sich jedoch hervorragend eignet, um die Warteschleifenzeit bis zur Veröffentlichung des nächsten DFA-Highlights zu überbrücken - angeblich planen ja sogar LCD Soundsystem eine neue Platte. Lambkin selbst wird davon in seiner Achtziger-Residenz natürlich nichts mitbekommen und auch auf Album Nummer vier getreu dem Prinzip der Schleife seiner Zeit treu bleiben.

Trackliste

  1. 1. In Love
  2. 2. What Follows
  3. 3. Ten Miles High
  4. 4. Lose Control
  5. 5. End Of The Trail
  6. 6. Phase Out
  7. 7. Wir warten
  8. 8. Is There No End
  9. 9. OB-8 (Winter Mix)

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