laut.de-Kritik
Charmanter Indie-Folk mit einem Fitzelchen Grunge.
Review von Simon Conrads"Früher habe ich immer gesagt, dass ich mich Shitney Beers nenne, weil ich scheiße bin und gerne Bier trinke. Jetzt trinke ich kein Bier mehr.", so zitierte unter anderem die FAZ die Musikerin Maxi Haug kürzlich. Das ist natürlich geradezu unverschämt bescheiden, denn ihre Musik ist weit, weit weg von scheiße. Mit Britney Spears hat sie auch wenig zu tun, abseits davon, dass sie sich als Fan der Musikerin bekennt. Ganz unironisch, wie sie gegenüber Pretty In Noise betonte.
Nach einigen EPs veröffentlichte Haug 2021 ihr Debüt-Album "Welcome To Miami" auf dem Label Zeitstrafe und landete im Anschluss in Hamburg beim Grand Hotel Van Cleef, wo nun das Zweitwerk "This Is Pop" erscheint. Dem so selbstbewusst auf die Platte geschriebenen Statement möchte man aber erneut widersprechen.
Haug nimmt das mit der Musik alles nicht ganz so ernst, scheint es. Im erwähnten Interview brachte sie selbst den Gedanken ein, ihre Musikkarriere sei eigentlich nur Fassade für ihre Ambitionen, auf der Bühne ein paar Dadjokes zu erzählen und ab und zu ins Mikro zu rülpsen, denn eigentlich schlummere in ihr eine Comedienne. Ihr Studium an der Popakademie in Mannheim brach sie folgerichtig ab.
Auch durch ihre Lyrics zieht sich der ironische Blick auf die eigene Person und die Welt im Allgemeinen. In der Mitte des Albums steht mit "Movements" etwa ein vermeintlich süß-melancholisches Liebeslied, in dem es eigentlich um Laktoseintoleranz und daraus entstehende Unannehmlichkeiten, auf Englisch "bowel movements", am Morgen danach geht. Ein bisschen Scheiße ist hier also doch im Spiel.
Bei Künstler*innen, die ihr Werk häufig augenzwinkernd kommentieren, fällt es gelegentlich schwer, diesem als Hörer*in mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu begegnen. Bei Shitney Beers ist das allerdings kein Problem, denn ihre Stücke sprechen für sich. Sie profitieren sogar davon, dass sie keinen überschwänglichen Beteuerungen ihrer Tiefe und Authentizität standhalten müssen und schleichen sich so in ihrer Intimität regelrecht an.
Sie variieren zwischen Phoebe Bridgers- und Julien Baker-artigem Indie-Folk und einem Fitzelchen Grunge und Punk, das in den beiden Tracks "Hun So Low" und "Pop Queen" ausgelebt wird. Beide Songs sind eine gerngesehene Abwechslung zwischen den vielen runtergefahrenen Stücken. Vor allem "Pop Queen", bei dem sie Unterstützung von Elena Steri bekommt, überzeugt mit knarrenden Gittaren, knalligen Drums und dem launigen Refrain: "That girl’s so fine, she’s a pop queen".
Schon der eröffnende "Advice Song" kommt in seiner musikalischen Klarheit und textlichen Direktheit sehr aufrichtig daher, was insgesamt von dem bestimmten, ausdrucksstarken Gesang, mal kehlig, mal gehaucht, unterstützt wird. Es wirkt fast, als würde Haug ihre Lehren in einem Gespräch am Küchentisch erzählen: "Don't screw your roommate / You're not in love, you're just horny / And it's not cute, no, it's corny".
Im von Vögelzwitschern unterlegten "Blue" erinnert das filigrane Gezupfe an den schwebenden Folk von Laura Marling. "Friend" ist ein kritischer Blick auf ihre Rolle als Freundin: "I always cancel plans last minute / My heart is never truely in it / And I forget to text back / I'm sorry about that". Das Stück endet mit den einsichtigen Worten: "I'm trying to change". Eine im Hintergrund herumspukende Zweitstimme rundet den Song ab.
Besonders luftig kommt auch das Lamento in "Cast" daher, das anfangs wirkt, als würde man einer Improvisation lauschen, in der sie einfach das erste singt, was ihr in den Kopf kommt: "I hit the road and the road hit back / And now I have to wear a cast / What did I do, oh, what did I do / To deserve this?". Die größte Sorge im Kontext des Gipses ist die, ob sie sich trotzdem noch ihren "Arse" abwischen könne.
"Peaches Style" und "Callisto" stechen durch das Drumming ebenfalls heraus und geraten angenehm treibend, ohne das Entspannte zu verlieren. In ersterem Track verhandelt Haug ihre Versuche, ihren Herzschmerz zu therapieren: "I've tried to fuck the pain away, Peaches style / I've tried to date my way around this awful town / But I can't seem to get you off my mind". Wieder ist es das Unverblümte, Ungekünstelte in den Zeilen, das sie besonders authentisch wirken lässt.
Im Vergleich zum auch schon starken Erstling "Welcome To Miami" wirkt "This Is Pop" gesammelter und runder. Dem Bremer Stadtmagazin HB People antwortete sie auf die Frage, was denn nun eigentlich Pop sein unter anderem: "Vielleicht ist 'Pop' auch ein Stempel, den man bekommt, wenn es vielen Leuten gefällt. Ich habe tatsächlich einfach echt keine Ahnung." Es wäre diesem wunderbar charmanten Album sehr zu wünschen, dass es viele Leute erreicht und so langfristig auch von außen den Pop-Stempel aufgedrückt bekommt.
12 Kommentare mit 28 Antworten
Shitney Beers, rly?
Allein für den inkonsistenten Scheißnamen mindestens 2 Punkte Abzug
Also findest du die Musik gut?
Der Bandname hält mich wirklich komplett davon ab, auch nur ansatzweise reinzuhören.
Verständlich. Würde auch nicht rein hören.
Liebe Maxi, ich rate ab, hier Zeit zu verschwenden. Dein Album gefällt mir gut. Wertschätzung und Respekt sind hier leider Mangelware. Liebe zur Musik finde ich z.B auf ByteFM, wo die Narzissten sich schnell trollen, wenn Sie für werbefreies Musikhören und Kommentieren einen Mitgliedsbeitrag zahlen sollen. Und jetzt Feuer freu, ihr Kommentarschloecher!
Nachdem das Album hier in den Top-Kommentiereten war, hab ich es auch mal angehört und muss sagen, dass ich als Metal-Hörer es wirklich gut finde. Respekt an Shitney Beers. Super Name, da könnten sich einige hier auf laut.de mal ne Scheibe abschneiden.
Seht, es ist Prof. August! Und sein akademisch minderwertigerer Sidekick, Dr. May!
Hahaha, die findet sich selbst scheiße... Hahahahaha, richtig lustig, hahahahahahahaha! Wer das nicht lustig finden tut, hat gar kein Hunor. Hahahahahahahahahahaha!!!
"Shitney Beers" ist natürlich schon harter 90er Jahre RTL-Humor. Schafft man es, das weitgehend auszublenden (erfordert Geduld und gelingt nicht zu 100%), hat das Ganze schon Potential. Hat bisschen was von nem "Life is Strange"-Soundtrack.