laut.de-Kritik
Rosa Kanonenkugeln und abgedroschene Wir-Gefühl-Parolen.
Review von Kai ButterweckEs ist noch keine neun Monate her, da beglückten die Bautzener Schulhof-Heroen von Silbermond mit dem Album "Himmel Auf" die geschundenen Seelen von abertausenden, mit Liebes, Schul, und Identitätsproblemen kämpfenden Teenies und Heranwachsenden. Abermals wurden zentimeterdicke Freundschaftsbänder geschnürt, reichlich Tempos verteilt und der Zukunft mit imaginären Plüsch-Fäusten gedroht.
Vier Monate später fanden sich 11.000 schmachtende Jünger der Band auf den Elbwiesen in Dresden ein, um sich zwei Stunden lang unter der sinkenden Sommersonne Sachsens in den Armen zu liegen und das BRAVO-Rock-Quintett ausgiebig zu feiern. Noch gerade rechtzeitig vor dem Schreiben des Weihnachts-Wunschzettels präsentieren Silbermond nun das Ergebnis jenes Juliabends inklusive vier akustisch präsentierter Bonus-Präsente unter dem Titel "Himmel Auf - Live In Dresden".
Vom eröffnenden Elektro-Intro bis zur ohrenbetäubenden Singalong-Choreografie des abschließenden "Krieger Des Lichts" herrschte Ausnahmezustand auf der ehrwürdigen Grünfläche im Herzen Sachsens. Das hört man auch. Denn während die Band ihr Sammelsurium an Jugendzimmerhymnen zum Besten gibt, schreit sich die Anhängerschaft die Kehlen wund. Immer wieder angestachelt von pubertären Fremdschäm-Ansagen ihrer Heldin an vorderster Front, sorgt die Masse für einen Background-Geräuschpegel, der selbst den harten Kern der Justin Bieber-Army vor Neid erblassen lässt.
Insgesamt zwanzig Mal schießen die Bautzener mit rosafarbenen Kanonenkugeln von der Bühne. Wahlweise angezerrt und kalkuliert rockend oder schmachtend und den Tränen nahe, blähen die fünf Sachsen ihre Oberflächen-Poesie in den Dresdener Abendhimmel. Ob mit abgedroschenen Wir-Gefühl-Parolen ("Meer Sein"), Tissue-Attacken in Richtung Ex-Liebschaften ("Durch die Nacht") oder mit erhobenen Grundschul-Zeigefingern ("Waffen"): Silbermond haben für jede Teenie-Problematik die vermeintlich passende Antwort parat.
Die Masse frisst dem Fünfer aus den Händen und sorgt bei den Protagonisten auf der Bühne für regelmäßige Schweißausbrüche: "Toll, dass ihr alle da seid", quiekt Sängerin Stefanie ins Mikro. "Super!" "Geil!" "Danke, Sachsen!" "Ich bin so aufgeregt!".
Standardisierte Plattitüden, kreischende Horden und kantenlose Poprock-Schmonzetten mit dem strukturellen Tiefgang eines Einweg-Tauchsieders: mit "Himmel Auf - Live In Dresden" feiert sich eine Generation selbst, die spätestens mit Eintritt in die Erwachsenenwelt feststellen wird, dass sich mit Ringelpietz und Anfassen nicht alle Probleme lösen lassen. Aber bis dahin ist es ja noch ein bisschen Zeit. In diesem Sinne: lasst die Kinder Kinder sein. Der Ernst des Lebens kommt noch früh genug.
30 Kommentare
Schreckliche Band. Selbst wenn die Musik gut wäre, würde das nicht ausreichen um die textlichen Verbrechen ungeschehen machen zu können. Hauptsache das "Wir-Gefühl" wird gut transportiert...!
Ich finde die Band auch nicht prickelnd und würde mir lieber glühende Nadeln ins Ohr stechen, aber ich finde die Rezi beleidigend. Sowas muss nicht sein. Sollen die Teenies lieber sowas hören als diesen ganzen anderen Schund!
Das hören ja nicht nur Teenies, sondern auch Menschen jenseits der 30.
Das die Zielgruppenmusik pur, dargeboten von längst entpubertierten Dreißigern die beim Vortragen eigentlich nur ans Einkaufen, Autowaschen etc. denken. Das ganze stets mit einer verständnisvollem Großerbruder-hat-dich-lieb Attitüde serviert. Dabei achten Solbermond immer schön darauf, das für jeden was dabei ist, zumindest personell: der verträumte Knuffel, der andere Knuffel, nicht ganz so verträumt, der Frauenversteher, irgendwie knuffelig, versteht sich, und sanft, um nicht zu sagen weichgespült, und das Frontfrauchen mit dem Stimmchen. Dabei schaut Stefanie Kloß bemüht immer so, dass sie als allerbeste Freundin durchgeht und gleichzeitig auch für den ein oder anderen feuchten Traum gut wäre.
Und so ist die ganze Personalie auch perfekt auf das musikalische Programm abgestimmt, oder umgekehrt, auf jeden Fall ist alles abgestimmt auf die Zielgruppe. Für mich die vertonte Twilight-Saga inkl. Silber und Mond. Was machen die bloß wenn die mal Ü40 sind??
Danke für den schönen Lachflash durch die "Rezension" und die literarisch unheimlich "wertvollen" Kommentare. Das Bandeigene Forum kennt die "Kritik"... Ich meine natürlich den beleidigenden runtergerasselten Hasstext und lacht sich größtenteils auch kaputt darüber. Von laut.de kann man ja auch nichts anderes erwarten als so ein Mist. Dass nicht jeder die 4-köpfige Band mag, klar. Aber das so schlecht und immer wieder so zu verpacken, muss nicht sein. PS: Die Zielgruppe "Teenies" auf Konzerten ist zwischen 6 und 60 alt und beruflich in allen Bereichen anzufinden. Kreischies sind bei Konzerten größtenteils die Ausnahme. In den ersten Reihen stehen meistens die "alten Hasen", die die Band schon seit Jahren begleiten und sich für solchen peinlichen Kreischies schämen. Die 20/25+, und die Kinder tun es sowieso nicht und der Rest im großen und ganzen auch nicht. Die entstandenen Geräusche nennt man angemessenes jubeln, klatschen und mitsingen und das ist in meinen Augen ein gewaltiger Unterschied. Übrigens sagen gerade die eingefleischten Fans nicht zu allem "ja und Amen".
Schade, dass heutzutage kaum noch Respekt für andere Bands da ist, was jetzt absolut allgemein gemeint ist. Wer etwas nicht mag, soll einfach abschalten und nicht hinhören. Auf der anderen Seite haben wir durch dieses kindische/Teeniehafte Verhalten immer wieder was zu lachen...
Liebe Grüße und noch viel Spaß bei unserer Bespassung.
Einer der besten laut. Rezensionen ever