laut.de-Kritik
Souverän geschmiedeter Post-Hardcore mit Alternative-Breitseite.
Review von Manuel BergerWer auf Post-Hardcore der poppigen Sorte steht, kommt dieser Tage schwer an Silverstein vorbei. Mit "Dead Reflections" legen die Kanadier ihr neuntes Album vor und liefern gewohnt qualitativ ab – eigentlich bleibt aber alles beim Alten: Mid-Tempo, Shoutwürze, großflächige Refrains, klar strukturiert und leicht verdaulich.
Trotzdem klingt die auf "Dead Reflections" präsentierte Melange aus Metalcore-Anleihen und Alternative Rock noch ein bisschen ausgereifter als auf den Vorgängern. Das ist einerseits die Stärke des Albums, denn Silverstein spielen sich ohne Durchhänger auf gleichbleibend hohem Niveau durch, ihre Kompositionen sind in sich absolut stimmig und halten die Balance zwischen Härte und Stadionvibe.
Die Band weiß um ihre Stärken und bringt diese bei fast jedem Lied auf einen gemeinsamen Nenner. Mit "Last Looks" legt sie zum Beispiel gleich deftig los, Shane Told schreit so viel wie bei kaum einem anderen Stück der Platte, trotzdem dauert es nicht einmal vierzig Sekunden, bis die erste Clean-Hook reinläuft.
Smooth leiten Silverstein von dort aus in "Retrograde" über, wo der Refrain noch ein bisschen netter ausfällt, die Aggression aber noch recht hoch bleibt, bevor in "Lost Positive" der Alternative-Anteil klar Überhand nimmt und die Wutausbrüche nur noch pointiert zum Einsatz kommen. Dem sehnsüchtigen Gesang haftet gewisser Emo-Vibe an, glücklicherweise keineswegs triefend vor Weinerlichkeit, sondern stilistisch orientiert und selbstbewusst vorgetragen.
Andererseits begleitet die oben erwähnte Stimmigkeit auch eine allgegenwärtige Kantenlosigkeit. Was per se erstmal nichts Negatives ist, nur leidet darunter die Authentizität. Die zur Schau gestellte Aggression ist oft eben genau das: zur Schau gestellt – nach Schema F zubereitet. Da kann Shane Told so persönlich texten wie er will – das Instrumentalbett ist es eben nicht. Schließlich sind Silverstein nicht die ersten, die Gitarre und einen weit nach vorn gebeugten Sänger allein stehen lassen, um dem Drummer eine wuchtige Breakdown-Opportunity zu gewähren (z.B. "Whiplash"). Solch vermeintliche Boom-Momente gibt es öfter – leider überrascht kein einziger.
So ist "Dead Reflections" ein – zweifellos gut geschriebenes – Konsens-Album. Beim nächsten Treffen mit den Kumpels, deren Bonding-Element einst Blink 182 war, macht es sich super im CD-Spieler. Man kann hüpfen zum hitverdächtigen Pop-Punk von "The Afterglow" und sich in den Armen liegen zum Bullet For My Valentine-Refrain von "Ghost". My Chemical Romance-Fans werden "Dead Reflections" lieben, viele andere wohl einfach als nice to have einstufen. Das ist es aber definitiv.
1 Kommentar
ich fand die nie wirklich schlecht ich hatte anfangs etwas sorge wegen dem Label "emocore" habe aber trotzdem das ein oder andere lied gehört, weil ich dachte, wer sich nach dem guten alten thommy Silverstein (♥ ) benennt, kann keine schlechte Band sein
Irgendwann fand ich dann raus, dass sie eig aus anderen gründen so heißen...aber ich höre sie trotzdem gerne, zumindest immmer mal wieder