laut.de-Kritik

Solodebüt des Felice Brothers und Rick Rubin-Protegés.

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1989 entkam Simone Felice nach einem Schlaganfall nur knapp dem Tod. "Der Teil seines Gehirns, der betroffen war und den wir teilweise entfernt haben, ist zuständig für Kunst, Musik und Kreativität. Falls er davor Klavier gespielt hat, wird er es wahrscheinlich nicht mehr tun", lautete das Urteil eines Arztes nach einer dramatischen Not-OP.

Damals war Felice 12 Jahre alt. 23 Jahre später veröffentlicht er sein Solo-Debüt. Nicht, dass er ein unbeschriebenes Blatt wäre. Als Songschreiber, Sänger und Schlagzeuger hat er sich mit seinen Geschwistern Ian und James einen Namen bei den Felice Brothers gemacht, außerdem verpflichtete ihn Rick Rubin als Schlagzeuger für die Avett Brothers. Nachdem er 2009 seine Brüder verließ, hat er mit The Duke & The King zwei Platten veröffentlicht.

Dennoch betritt Felice hier Neuland. Nachdem er 2010 dank einer weiteren Not-OP am offenen Herzen ein zweites Mal nur knapp überlebte, hatte er offensichtlich den Drang, sich die Seele aus dem Leib zu schreiben. Zeitgleich mit dem Album erscheint, auch in deutscher Sprache, sein Roman "Black Jesus".

Wut ist aus Felices Stücken nicht zu hören, eher die Dankbarkeit, noch am Leben zu sein. Im Mittelpunkt stehen vorwiegend akustische Arrangements und seine hohe, unaufgeregte Stimme. Meist beschäftigt er sich mit Liebe, Tod und Einsamkeit. "Courtney Love, es ist lange her, dass ich dich habe lachen sehen. Was ist das Geheimnis hinter deiner Einsamkeit?", fragt er im gleichnamigen Stück, begleitet von einer Akustikgitarre und einer Mundharmonika.

Dank der Beiträge seiner Geschwister geht es dennoch abwechslungsreich zu. Im Opener "Stormy-Eyed Sarah" und "Sharon Tate" kommt ein Mädchenchor mit dem bemerkenswerten Namen Catskill High School Treblaires zum Einsatz, auf der fröhlichen Singleauskopplung "You & I Belong" spielen Mumford & Sons.

Die besten Momente bietet Felice aber in den einfacher gestrickten Stücken wie "New York Times", dem bereits erwähnten "Courtney Love", "Gimme All You Got", dem abschließenden "Splendor In The Grass" und "Charade", in dem Felice stark an Neil Young zu Beginn der 70er Jahre erinnert.

Ein Album aus den Tiefen der Seele, aber kein deprimiertes. Wer soviel erlebt hat wie Simone Felice, hat die Berechtigung, sich mit den Schattenseiten der Existenz auseinander zu setzen. Dass ihm dabei eine hörenswerte Platte gelungen ist, zeugt davon, dass sich Ärzte zum Glück auch mal im positiven Sinne irren können.

Trackliste

  1. 1. Hey Bobby Ray
  2. 2. You & I Belong
  3. 3. New York Times
  4. 4. Courtney Love
  5. 5. Stormy-Eyed Sarah
  6. 6. Charade
  7. 7. Dawn Brady's Son
  8. 8. Gimme All You Got
  9. 9. Sharon Tate
  10. 10. Splendor In The Grass

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