laut.de-Kritik

Die Sehnsucht nach der großen Pop-Punk-Zeit ist spürbar.

Review von

Simple Plan kommen aus einer Zeit, als MTV noch das Maß aller Dinge war. Im Dunstkreis von Power-Pop, Pop-Punk und College-Rock sowie im Fahrwasser von Acts wie Good Charlotte und Blink 182 schlug das Debüt "No Pads, No Helmets ... Just Balls" vor fast genau 20 Jahren ein. Heute spielen Simple Plan im Prinzip noch denselben Stiefel: Eingängig klangen sie von Anfang an, mittlerweile meint man aber eher eine Stadionrock-Schlagseite denn Punk-Vibe zu hören. Ihre Songs heißen nicht mehr "I'm Just A Kid", sondern "Million Pictures Of You".

Fehlerlos eingespielt, mit möglichst viel Zug zum hymnisch angelegten Mitsing-Refrain ("Iconic", "Two") und selbstverständlich ordentlich produziert, präsentiert sich das sechste Studioalbum der Amerikaner. Man habe ein "klassisches" und "unverkennbares" Simple Plan-Album eingespielt, betont die Band selbst. Ja, man kann sich gut vorstellen, wie das Quartett live eine amtliche Mithüpf-Party veranstaltet.

Dabei geht es beim Opener erst mal sehr ernst zu: Die Erlöse der im Midtempo angesiedelten Single "Wake Me Up (When This Nightmare's Over)" kommen Opfern des Ukraine-Kriegs zugute. Danach macht Kollege Deryck Whibley von Sum 41 seine Aufwartung ("Ruin My Life"). Beide Bands kommen im Herbst im Doppelpack nach Deutschland bzw. Österreich, was auch beweist: Die Kanadier stehen nach wie vor als relevante Band da. Melodischer Pop-Punk hat Konjunktur.

Das führte kürzlich auch Simple Plans Landsmännin Avril Lavigne unter der Regie von Travis Barker vor. Natürlich erfüllt auch "Harder Than It Looks" alle Ansprüche des Genres, ob im Uptempo ("Best Day Of My Life") oder balladesk im Offbeat ("Anxiety"). Dennoch gehört zur Wahrheit dazu, dass Barker Lavigne eine deutlich moderne Produktion verpasste. "Klassisch" passt insofern als Selbstbeschreibung von Simple Plan ganz gut. Denn frischer oder irgendwie richtungsweisender Pop-Punk hört sich anders an als "Harder Than It Looks".

Aber kann man Simple Plan vorwerfen, dass sie lieber wie damals klingen? Nicht wirklich, zumal Spaß und Entertainment ihre ersten Anliegen sind. Ein paar gute Harmonien schauen dabei ja auch raus ("Slow Motion"), und Tempo können sie immer noch ("Best Day Of My Life"). Aber begeistert diese Platte über das Feld der eingefleischten Fans hinaus? Wohl kaum, dafür geht Truppe aus dem Montreal zu offensichtlich generisch vor.

Trackliste

  1. 1. Wake Me Up (When This Nightmare's Over)
  2. 2. Ruin My Life (feat. Deryck Whibley)
  3. 3. The Antidote
  4. 4. A Million Pictures Of You
  5. 5. Anxiety
  6. 6. Congratulations
  7. 7. Iconic
  8. 8. Best Day Of My Life
  9. 9. Slow Motion
  10. 10. Two

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