laut.de-Kritik
Die lyrische Leere leichtgläubiger Liebesliedchen.
Review von Sven KabelitzCorgan hat es wieder getan. Bis auf Jeff Schroeder setzt er für "Monuments To An Elegy" die komplette Besetzung der Smashing Pumpkins 2.0 vor die Tür. Mit Mike Byrne entreißt er seiner Band ihr Herz und tauscht es gegen den Mötley Crüe-Schlagzeuger Tommy Lee. Eben jene Pappnase, deren größte künstlerische Leistung ein Privatvideo mit Pamela Anderson darstellt. Chapeau!
Der aufgekratzt rumpelnde Chamberlin und der wie ein Uhrwerk funktionierende Byrne verliehen den Songs in dem von Corgan eng absteckten Rahmen ihren eigenen Charakter und glänzten. Selbst im unterkühlten "Adore"-Drumcomputer steckte mehr Leben als in Lee. Er bleibt so blass wie die Hautfarbe des Sängers, der zunehmend einem Albino-Winnie Puh gleicht. Ebenso fehlen Fiorentinos singende Basslinien, die so schön an Peter Hook erinnerten. Die vier Saiten übernimmt diesmal der Chef persönlich und nutzt diese lieblos und uninspiriert.
Wie der Vorgänger "Oceania" stellt "Monuments To An Elegy" einen weiteren Teil des "Teargarden By Kaleidyscope"-Projekts dar. Was genau hinter dieser Idee steckt, weiß heute wahrscheinlich nicht einmal mehr Corgan selbst, so sehr hat er sich zwischenzeitlich verzettelt. Die klare Linie hat schon längst einen Schwips und taumelt auf wackeligen Beinen der Zielgeraden entgegen.
Dabei gefällt der Grundgedanke des mittlerweile neunten Longplayers erst einmal. Corgan, der sonst gerne zum ausuferndem Größenwahn neigt, fasst sich so kurz wie nie zuvor. Nur "Run2me" überschreitet die Vier-Minuten-Grenze. Das Album selbst kommt gerade einmal auf etwas mehr als eine schlanke halbe Stunde. Ein Gitarrensolo lässt sich höchstens im finalen "Anti-Hero" erahnen.
Dass Corgan, der sich mehr und mehr zu einer Karikatur seiner selbst entwickelt, nach wie vor gute Songs schreiben kann, zeigt er gleich mit dem Opener "Tiberius". Ein kraftvoller und gelungener Start, der seine Wurzeln tief in die 1990er schlägt. Raubauzige Gitarren und herbe Melancholie vermischen sich, nur ein zu aufdringlicher Synthesizer stört.
"One And All" setzt noch einen weiteren Stein auf die undurchdringliche Gitarrenwand und verzichtet komplett auf elektronische Sperenzchen. Hier brennt die Pumpkins-Tribute-Band noch einmal wie einst ihr Urbild auf "Siamese Dream".
Für ein gutes Album braucht es jedoch mehr als nur zwei achtbare Songs, die zudem deutlich das Problem von "Monuments To An Elegy" aufzeigen. 2014 funktioniert der große Kürbis nur noch im Rückwärtsgang. Der Disco-Stampfer "Run2me" geht sogar komplett in die Hose. Eine billige 30 Seconds To Mars-Kopie, die sich mit epischem Getrommel und der Subtilität eines Presslufthammers durch einen unterdurchschnittlichen Eurovision-Song-Contest-Beitrag für San Marino wälzt.
"Monuments To An Elegy" krankt jedoch hauptsächlich am beliebigen und ohne jede Inspiration auskommendem Songwriting. Der Pseudo-Funk in "Anaise!" nervt mit altbackenen Synthesizern und einem plumpvertraulichen Refrain. Gelangweilt schlägt sich Billy durch "Dorian", das wie ein trivialer Erasure-Remix einer ausrangierten Pumpkins-Nummer klingt. Geistesabwesend döst sich der glatzköpfige Alleinherrscher durch die nichtssagende Trantüte "Being Beige".
Die Abmischung des Longplayers erweist sich als besonders ärgerlich. Wie gewohnt steht Corgans essiggetränkter Gesang massiv im Vordergrund. Die Instrumente bleiben sich wie die Bewohner in einem Großstadthochhaus weitestgehend fremd. Man wohnt zwar unter einem Dach, wenn man sich auf dem Weg zur Arbeit aber ausnahmsweise auf dem Flur trifft, raunzt man sich höchstens ein sparsames "Gtnmorgn" zu.
Dank des über weite Strecken substanzlosen "Monuments To An Elegy" sinken die Erwartungen für das bereits für das nächste Jahr angekündigte "Day For Night", das die "Teargarden By Kaleidyscope"-Akte endlich schließen soll, auf den Nullpunkt. Corgan und seine Hausknechte verlieren sich dabei in der lyrischen Leere leichtgläubiger Liebesliedchen. Frei nach "Bullet With Butterfly Wings": The world is a Plüschhase.
16 Kommentare mit 10 Antworten
"Eine billige 30 Seconds To Mars-Kopie" ist hart.
Es ist hart, aber wie würdest du diesen Käse denn beschreiben? http://youtu.be/JMQdkLd2_vU
Ach du Scheiße, das ist dann aber wirklich schon "30STM trifft Andrea Berg".
Schnell die Ohren wieder freispülen:
https://www.youtube.com/watch?v=uQdSrAlLDmI
schad, aber iwie auch nicht wirklich überraschend.
Oceania habe ich geliebt ... Das hier werde Ich wohl auslassen...
Die Synthies sind übel und mehr als Mittelmaß mit ein paar gefälligen sowie einigen nervigen/cheesigen Parts ist es nicht, aber die Kritik hört sich ein wenig so an, als wäre jemand so enttäuscht über die "Band" seiner Jugendtage ist, dass er heute noch ihren Leichnam anp****n muss...
Tommy Lee an den Drums halt ich von der Attitüde her auch nicht für die Idealbesetzung, aber komplett blutleer oder mies sind seine Drumtracks nun auch wieder nicht, eben kein hochprogressives Patterngewichse - und bei "Run2me" war er wohl sowieso gerade rauchen und man hat einfach den Drumcomputer von "Adore" angeworfen...
"Der wie ein Uhrwerk funktionierende Byrne" - das KANN doch nur ein Scherz sein?!
Tiberius wäre echt ein toller Track, wenn Corgan den Track nur in den 90er aufgenommen hätte. Wenn das alles ein bisschen rauher und wuchtiger produziert wäre, aber die Art wie die neuen Pumpkins Scheiben seit Machina abgemischt werden ist einfach nicht mein Fall-_-
Klingt alles zu 'clean', wie der Rezensent schon anmerkte in den Hintergrund gerückte Instrumente und keine Einheit zum Gesang.