laut.de-Kritik
Auch gesanglich hat die Schöne einiges zu bieten.
Review von Michael SchuhLyrische Martialität als Aufhänger. Michael Jackson bediente sich einst dieses Kniffs, als er seiner Single den Titel "Blood On The Dancefloor" gab, in der Hoffnung, diesen zu erobern. Sophie Ellis-Bextor, gescheiterte Indie-Chanteuse, hat ähnliche Assoziationen: "Murder On The Dancefloor". Und prompt rast die Single genau dort hin: Inzwischen tanzt die halbe EU zum legitimen funky Nachfolger von Kylies "Can't Get You Out Of My Head". Zu Recht, denn gesanglich hat die Schöne mehr zu bieten als nur australisches Piepsen. Ellis-Bextor, die neue Disco Queen?
Stopp. Rewind. In England chartete im letzten Herbst ihre erste Single "Take Me Home", ein etwas fades Dance-Flittchen, das eine vocoderlose Cher mit schlecht aufgelegten Pet Shop Boys zusammen brachte. Chart-Experte Moby sah das anders und ließ gar eine Madonna-Offerte links liegen, nur um Sophie beim Studio-Debut den zierlichen Rücken zu stärken. Ein nachvollziehbarer Wunsch, stöbert man auf ihrer Homepage mal die Rubrik "Picture Diary" durch.
Ob Mobys Hilfsbereitschaft in unsittliche Bereiche vordrang, bleibt indes Miss Bextors Geheimnis, genau wie der Grund ihrer mutigen Entscheidung, von fünf Moby-Kollaborationen nur eine mit aufs Album zu nehmen. Noch dazu gehört das lieblich gesäuselte "Is It Any Wonder" lange nicht zu den Highlights. In den besten Momenten bezaubern ihre Songs wie ein süßes Lächeln Audrey Hepburns, die der Britin als Styling-Vorlage nicht fremd sein dürfte. "Read My Lips" verdeutlicht nach dem schwer greifbaren "Murder"-Hit nämlich vor allem, Achtung: Sophie kann Songs schreiben.
Für die Groove-Keule "I Believe" schnappte sie sich Blur-Basser Alex James, der ihr einen feurigen Basslauf hinzupfte. Auch bei der opulent arrangierten Elektro-Ballade "Move This Mountain" wirkt er mit, obwohl das zuckrige "Lover" viel mehr nach Blur-Pop Marke "Country House" klingt. Ihre Britpop-Vergangenheit kommt sonst aber weniger durch. Vielmehr sind smoothe Ohrwürmer wie "By Chance" und "Leave The Others Alone" einfach nur grandiose Popsongs, nach denen Natalie Imbruglia bis heute dürstet. Da lese ich in jedem Fall lieber von Ellis-Bextors Lippen ab.
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